Düsseldorf. . Am Sonntag wird in Köln der letzte Oberbürgermeister in NRW gewählt. Eine Parteilose gilt als Favoritin – die Chance für SPD-Kandidat Ott ist gering.

Die Hahnentorburg, markantes Relikt der mittelalter­lichen Stadtmauer Kölns, spielte in Machtfragen schon immer eine ­besondere Rolle. Hier zogen Kaiser und Könige nach ihrer Krönung in die Stadt ein.

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Die SPD-Spitze um Parteichef Sigmar Gabriel und ­Ministerpräsidentin Hannelore Kraft wird sich am Freitag aber in der Hahnentorburg versammeln, um für die Kölner Oberbürgermeister-Wahl am Sonntag zu retten, was zu retten ist.

Gabriel und Kraft wollen Jochen Ott im Wahlkampf-Endspurt den Rücken stärken. Der 41-jährige Ott ist ein sympathischer Gymnasial­lehrer, der seit 2001 die Kölner SPD führt und seit 2010 im Landtag sitzt. Er ist politisch erfahren und in ­Kommunalthemen versiert. Doch seine Chancen, den ausscheidenden OB Jürgen Roters (SPD) zu beerben, stehen eher schlecht.

Drohender Verlust der Millionenstadt

Das kann Kraft nicht mehr egal sein. Nach Niederlagen bei den Wahlen in SPD-Hochburgen wie ­Essen und Oberhausen war da s ­Geraune in der Partei bereits groß. Ein Verlust der einzigen Millionenstadt in NRW würde die Verunsicherung befeuern. Ott kämpft mit dem Ruf, Teil des „Systems Köln“ zu sein – einer Endloskette aus Klüngel, Pannen und Skandalen. Die 17 000 Mitarbeiter zählende Stadtverwaltung gilt als verfilzt und unregierbar.

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Die OB-Wahl musste um fünf Wochen verschoben werden, weil auf den Stimmzetteln Parteikürzel unzulässig fett gedruckt worden waren. Bereits bei der Kommunalwahl 2014 waren in einem Bezirk die Stimmen von CDU und SPD vertauscht worden, was die Stadtspitze erst auf Druck des Verwaltungsgerichts prüfte. Ausgerechnet Ott verlor durch die Korrektur seinen Sitz im Rat.

Dass man „nicht aufräumen, sondern ausräumen“ müsse im Rathaus, betont bei jeder Gelegenheit Hen­riette Reker (58). Die parteilose Sozialdezernentin ist Favoritin auf den OB-Posten. Sie wird unterstützt von Grünen, CDU, FDP und Freien Wählern. Sie verspricht einen neuen Stil und das Ende der Parteibuch-Wirtschaft.

CDU ohne eigenen Kandidaten

Dass Reker selbst im Kölner Verwaltungsvorstand seit Jahren Verantwortung trägt, dringt öffentlich kaum durch. Dass sie von der CDU nur deshalb unterstützt wird, weil sich in der Stadt Konrad Adenauers peinlicherweise kein eigener Kandidat fand, wird gern vergessen. Dass SPD und Grüne unabhängig von der OB-Wahl weiter im Rat ­gemeinsame Sache machen wollen, gehört zu den Kölner Kuriositäten.

Ott und sein gewiefter Berater Martin Börschel, der einflussreiche Kölner SPD-Fraktionschef, versuchen seit Monaten, den Stimmungstrend zu wenden. Zunächst wirkten Landes- und Bundespartei unbeteiligt. Doch spätestens in der Hahnentorburg soll deutlich werden: Die viertgrößte deutsche Stadt ist für die SPD keine Lokalangelegenheit.