Ruhrgebiet. . Die Radfahr-Vereinigung ADFC hat die fahrradfreundlichsten Städte gesucht. Im Ruhrgebiet ist das Urteil bestensfalls ausreichend bis mangelhaft. Nur Herne hat sich verbessert.
"Hier kann man nur Fahrrad fahren, wenn man vorher sein Testament gemacht hat." Diesen Satz bekomme Klaus Kuliga (Vorsitzender des AFDC in Bochum) von Nachbarn, Kollegen oder Freunden in seiner Stadt häufig zu hören. "Das ist schon ein deutlicher Hinweis und überrascht mich gar nicht." Noch viel weniger überrasche ihn das Ergebnis des ADFC Fahrradklima-Tests, das jetzt öffentlich gemacht wurde. Bochum liegt bundesweit auf Platz 37 von 39 .Damit ist die Stadt im Vergleich zur vorherigen Befragung wieder zwei Plätze nach unten gerutscht. In NRW belegt sie den vorletzten Platz.
Was die Fahrradfreundlichkeit im Ruhrgebiet angeht, ist Bochum kein Einzelfall. "Es sieht leider nicht berauschend aus", sagt Ulrich Syberg (Bundesvorsitzender des ADFC), der in Wanne-Eickel wohnt. Die Radfahrer haben den Kommunen der Regionen Noten zwischen 3,5 und 4,5 gegeben. "Alltagsfahrer beurteilen das Ruhrgebiet gerade mal als ausreichend. Menschen, die sonst das Auto nutzen, kann man mit so einem Ergebnis leider nicht zum Radfahren bewegen", bedauert Urlich Syberg.
100.000 Radfahrer haben den Fragebogen ausgefüllt
Bundesweit hatten 100.000 Radfahrer an dem Fahrradklima-Test teilgenommen. Sie beantworteten insgesamt 28 Fragen - unter anderem zu Sicherheit, Komfort, Breite der Radwege, Fahrspaß und Fahrraddiebstahl. 468 Städte in Deutschland flossen in die Bewertung ein. In NRW waren es 137. Diese wurden je nach Einwohnerzahl in verschiedene Klassen eingeordnet.
Weiterhin Spitzenreiter bei den Städten mit mehr als 200.000 Einwohner ist NRW- und bundesweit die Stadt Münster. Sie schneidet mit der Note 2,5 deutlich besser ab als die Ruhrgebietsstädte. Im NRW-Ranking folgt Oberhausen auf Platz zwei, bundesweit auf Platz sieben und büßt damit zwei Ränge ein. Ebenfalls um ein oder mehr Plätze verschlechtert haben sich Dortmund, Essen und Hagen. Duisburg stagniert. Gelsenkirchen kann einen Platz gut machen.
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Laut ADFC müsse in allen Städten noch viel verbessert werden. Die Probleme seien zahlreich, aber eigentlich gar nicht so schwer zu beheben: Radfahrer würden an Baustellen nicht umgeleitet, Autofahrer würden auf Radwegen parken und der Winterdienst befreie diese nicht von Schnee und Eis. "Viele beklagen auch eine mangelnde Sicherheit. Wenn vor allem Kinder sich mit dem Rad nicht wohlfühlen können, dann werden wir sie auch langfristig nicht damit unterwegs sein", bedauert der Bundesvorsitzende des ADFC.
"Bochum gilt noch immer als Autostadt."
Klaus Kuliga aus Bochum findet, dass es in seiner Stadt vor allem an einer Fahrradkultur mangelt. "Bochum gilt als Autostadt. Das sitzt noch immer in den Köpfen." Er wünscht sich mehr Unterstützung seitens der Politik. Vor allem an den Hauptverkehrsstraßen mangele es an durchgängigen Radwegen. An der Hattinger Straße, der Universitätsstraße und der Wittener Straße gebe es Wege für Radler nur in einzelnen Abschnitten.
Im vergangenen Jahr hat sich Bochum um die Aufnahme in der "Arbeitsgemeinschaft fußgänger - und fahrradfreundlicher Städte" beworben. Der Bundesvorsitzende hält das für einen guten Anfang. "Ich sehe das eher als mutig an. Hier findet man nicht viel, was gut läuft. Und trotzdem glaubt Bochum dazu zu gehören", sagt hingegen Klaus Kuliga vom ADFC Bochum.
Die Städte im Fahrradklima-Test
Anders sieht es in Oberhausen aus: Mit der Note 3,58 ist die Stadt zwar "kein Überflieger", wie Burkhard Schmidt vom dort ansässigen Fahrradclub sagt. NRW-weit ist die Stadt aber trotzdem auf dem zweiten Platz. Was läuft hier besser als anderswo im Pott? "Bei uns ist natürlich auch Luft nach oben. Mehr Geld und Input wäre wünschenswert", gibt der Vorsitzende Schmidt zu. "Bei uns funktioniert aber die Zusammenarbeit mit Politik und Verwaltung sehr gut. Große Reibungen bleiben aus."
Herne kann Plätze gut machen
Wirklich verbessert hat sich im Ruhrgebiet aber nur die Stadt Herne für Fahrradfahrer. Sie rutscht im bundesweiten Ranking von Platz 16 auf Platz zehn. "Man muss den Willen haben, etwas zu tun", betont Christian Ehrecke vom ADFC Herne. Die Bochumer Straße sei ein Beispiel dafür. Von ursprünglich vier Autospuren ist nun beschlossen, sie auf zwei Spuren zu verkleinern und dafür einen breiten Weg für Radfahrer zu schaffen. "Das heißt auch in der Öffentlichkeit die Wahrnehmung verändert und gezeigt: In Herne tut sich was!"
Trotz aller Bemühungen: Das Urteil für die Städte fällt zunächst einmal ausreichend bis mangelhaft aus. Um Verbesserungen zu erzielen, sieht Ulrich Syberg nicht nur die Städte in der Pflicht, sondern auch den Regionalverband Ruhr (RVR). Er müsse den Radverkehr städteübergreifend verbinden.