Am Niederrhein. . Die üppig blühende Zierpflanze bringt Farbe in die Weihnachtszeit. Am Niederrhein wird sie auf 75 000 qm unter Glas angebaut. Eine Frage des Timings.

Verschwenderisch große Blüten, satte Farben: Amaryllis sorgt dafür, dass der Dezember in Deutschland nicht so grau ist. In vielen Wohnzimmern, Geschäften und Restaurants verschönert die Blume den Winter. Und wo kommt sie her? Vom Niederrhein.

Nicht ursprünglich, freilich. Aber: Auf insgesamt 75 000 Quadratmetern unter Glas bauen zwischen Isselburg und Meerbusch acht Betriebe jede Saison rund vier Millionen Amaryllis-Stängel an. Damit ist Region neben den Niederlanden das Zentrum für den Anbau der Zwiebel-Pflanze. „Mein Onkel hat hier schon Amaryllis angebaut, als ich noch ein kleiner Junge war“, erzählt Norbert Pflipsen.

Pflipsen ist 53. Heute zieht er in Alpen-Veen „Ferarri“ (rote Blüte), „Mont Blanc“ (weiße Blüte), „Red Lion“ (auch rot) und andere Amaryllis-Sorten. Der gelernte Elektriker hat den Betrieb vom Onkel gepachtet. In den Wochen vor dem Fest ist Hochsaison; die prallen Knospen müssen (noch nicht zu weit offen) pünktlich auf den Stängeln sitzen, damit die Blumen geschnitten, in Folie wie Kartons verpackt und später in Straelen versteigert werden können.

Nach dem Stress freut sich Pflipsen aufs Fest, Ruhe kehrt ein. Er zeigt auf eine Sitzgruppe in einer Ecke eines Gewächshauses: „Heiligabend werde ich hier mit Familie, Freunden und Mitarbeitern beisammensitzen.“ Danach wird daheim weitergefeiert.

Klare Blütenfarbe, nicht zu dünne Stängel

Eine klare Blütenfarbe gilt das A und O beim Amaryllis-Anbau. Genauso wichtig, sagen die Fachleute vom Rheinischen LandwirtschaftsVerband, sind aber auch die Stängel. Sind sie zu dünn, knicken die schweren Blüten später in der Vase ab; sind sie zu dick, passen die Blumen nicht in die Verpackungskartons.

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Am Wichtigsten aber: das Timing übers Jahr hinweg. Wo die Amaryllis ursprünglich herkommt (südliche Erdhalbkugel), ist im Dezember Sommer. Damit die Blume in diesen Wochen auch in hiesigen Breiten blüht, werden die Jahreszeiten für sie auf den Kopf gestellt. Wer jetzt die Gewächshäuser von Norbert Pflipsen (insgesamt 7000 Quadratmeter) betritt, erlebt, angenehme Wärme: „Den Pflanzen wird Sommer vorgegaukelt“, sagt der Niederrheiner. Im Januar, wenn die Blüten und Stängel geschnitten sind, gibt es sogar noch mehr Sommer. Dann wird sogar das Pflanzsubstrat, also der Boden auf 20-22 Grad geheizt, damit die Zwiebeln kräftig wachsen können, später entwickeln sich Laub und Blütenanlage.

Im Juli wird der Boden dann gekühlt (Hallo, Winter!), ehe im Oktober wieder geheizt wird und erneut eine Wärmephase beginnt. Zu dieser Zeit wird auch das Laub entfernt, damit die Stängel für die neue Saison kräftig treiben können.

Warum wird soviel Amaryllis am Niederrhein angebaut? Historisch gewachsen. „Die Gemüsebauern in Straelen haben angefangen“, erzählt Pflipsens Onkel Leo (mittlerweile 78). Auch die Vermarktungsmöglichkeiten und die Grenznähe spielen eine Rolle. Von Straelen aus gehen die Blumen in viele Länder. Norbert Pflipsen hat im Fernsehen schon Amarylliskartons in England wiedererkannt. Und am Ku-Damm in Berlin werden pro Pflanze sogar acht Euro gezahlt. Anderswo sind in Geschäften eher zwei bis drei Euro üblich. Norbert Pflipsen und andere Anbauer sehen davon freilich nur einen Bruchteil. Steigende Energiekosten ihnen tun weh.