Berlin. Nach der Geburt ihres Kindes kann unsere Autorin Hafermilch nicht mehr so gut vertragen. Schuld daran ist ein kleines Organ.
- Hafermilch ist eine beliebte Milchalternative, doch hat sie auch einige Nachteile
- Hafermilch lässt den Blutzucker steigen und kann so hormonelle Reaktionen auslösen
- Ernährungswissenschaftlerin Hannah Hauser verrät, warum sie deshalb lieber zur Kuhmilch rät
Ich liebe Hafermilch. Ich liebe sie in meinem Cappuccino und ich liebe sie in meinem Porridge. Der leicht süße und nussige Geschmack entspricht genau meiner Vorstellung nach einer perfekten Milchalternative. Trotzdem trinke ich sie nicht mehr. Dabei habe ich jahrelang so gut es geht auf Kuhmilch verzichtet und sie meistens nur in fermentierter Form etwa als Joghurt oder Kefir zu mir genommen. Nicht, weil ich Kuhmilch nicht vertrage, sondern weil sie lange Zeit in der Kritik stand. Milchfett würde verschiedene Entzündungsprozesse im Körper befeuern und sogar Krebs begünstigen, hieß es von vielen Seiten. Also ließ ich die Finger davon und stieg auf Hafermilch um. Bis ich Mutter wurde.
Nach der Geburt meiner Tochter geriet meine Schilddrüse aus dem Takt. Ich hatte Schlafstörungen, Herzstolpern und fühlte mich allgemein unwohl. Schließlich wurde bei mir eine Schilddrüsenunterfunktion mit Verdacht auf die Autoimmunerkrankung Hashimoto diagnostiziert. Ich bekam Schilddrüsenhormone in Form von L-Thyroxin verschrieben und dachte, damit wären die Symptome weg. Bis mein Arzt mir sagte, dass auch die Ernährung eine sehr große Rolle bei der Schilddrüse spielt. Doch ich war mir sicher, dass ich nichts umstellen muss, schließlich – davon ging ich aus – ernährte ich mich schon fast vorbildhaft. Viel Gemüse, wenig Fleisch, keine Kuhmilch.
Doch da hakte der Arzt nach und fragte mich, was ich denn statt Kuhmilch trinken würde. Natürlich Hafermilch, sagte ich mit gutem Gewissen. Der Arzt schüttelte mit dem Kopf und riet mir, davon lieber die Finger zu lassen. Und nicht nur das, ich sollte am besten wieder auf Kuhmilch umsteigen, genauer gesagt auf Frischmilch, also auch keine H-Milch trinken. Ich schaute den Mediziner irritiert an. Wie jetzt? Schließlich habe ich so vieI darüber gelesen, wie ungesund Kuhmilch sein soll. Ich zweifelte an seiner Empfehlung und dachte im ersten Augenblick, seine Ansichten wären veraltet. Doch er bestand darauf, dass Hafermilch meiner Schilddrüse nicht guttun und sie sogar belasten würde.
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„Ihr Arzt lag mit seiner Empfehlung genau richtig“, sagt Hannah Hauser, Ernährungswissenschaftlerin, Bestseller-Autorin und Schilddrüsenexpertin. „Hafermilch lässt den Blutzuckerspiegel sehr schnell steigen. Denn selbst wenn der Drink ungesüßt ist, enthält Hafer von Natur aus viel Stärke“, erläutert die Expertin. Damit enthalte Hafermilch deutlich mehr Kohlenhydrate als Kuhmilch und kaum Eiweiß.
Doch nicht nur das. „Bei der Herstellung industrieller Haferdrinks wird der Hafer durch einen Prozess mit Enzymen gespalten, damit es zur milchigen Konsistenz kommt. Dabei entsteht eine Zuckerart namens Maltose und die wird vom Körper ähnlich schnell wie Industriezucker aufgenommen“, erklärt Hannah Hauser. Die Folge: Der Blutzuckerspiegel steigt rapide an.
Konservierungsmittel und Co.: Hafermilch enthält oft viele Zusatzstoffe
Im Gegensatz zum festen Korn fehle es Hafermilch jedoch an Ballaststoffen, die den Blutzuckerspiegel regulieren könnten. Durch das Trinken von Hafermilch schießt der Blutzucker also schnell in die Höhe und fällt anschließend genauso rapide ab. Für eine gesunde Schilddrüse stellt dies weniger ein Problem dar. Menschen mit Schilddrüsenerkrankungen könnten darauf aber sensibler reagieren. „Denn es kommt zu sogenannten Blutzuckerspitzen und wenn der Blutzuckerspiegel häufig solche starken Schwankungen aufweist, kann dies Heißhunger, Müdigkeit und Verdauungsprobleme begünstigen“, stellt Hannah Hauser klar. Blutzuckerschwankungen, so die Expertin weiter, würden den Körper in Stress versetzen „und auf Stress reagiert unsere Schilddrüse besonders empfindlich.“
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Doch nicht nur der Zuckergehalt ist bei der Hafermilch problematisch. Auch die Zusatzstoffe beäugt die Ernährungswissenschaftlerin kritisch. Denn zum Teil enthalten Haferdrinks weitere Stoffe wie Pflanzenöle, Konservierungsmittel, Stabilisatoren und Säuerungsmittel. „Oft wird Raps- oder Sonnenblumenöl zugesetzt. Das sind mehrfach ungesättigte Fettsäuren und sie können in der Leber die Umwandlung der Schilddrüsenhormone in die aktive Form blockieren“, erläutert die Expertin.
Ein weiterer Nachteil der Hafermilch: Sie besitzt deutlich weniger Nährstoffe als etwa Kuhmilch. „Selbst wenn auf der Packung Vitamine wie B12 oder Calcium aufgelistet sind, werden sie in einem Hochverarbeitungsprozess chemisch zugesetzt. Und Menschen mit Schilddrüsenproblemen können solche Zusatzstoffe schlecht verarbeiten und verdauen“, sagt Hannah Hauser. Generell gelte bei der Milchalternative: Je länger die Zutatenliste, desto problematischer wird es.
Auch die Ernährungswissenschaftlerin empfiehlt daher Menschen mit Schilddrüsenproblemen, wieder mehr Kuhmilch in ihren Speiseplan zu integrieren. „Milch ist aufgrund ihrer Zusammensetzung ein hochwertiges und gesundes Nahrungsmittel. Doch es kommt tatsächlich darauf an, welche Kuhmilch man trinkt“, erläutert die Expertin. So rät sie grundsätzlich von ultrahocherhitzter H-Milch ab. „Die H-Milch soll ja bis zu zwei Jahre im Regal oder zu Hause stehen können, ohne zu verderben. Das ist zwar praktisch, doch durch die Erhitzung von bis zu 150 Grad gehen alle wichtigen Nährstoffe verloren“, erklärt Hannah Hauser. Auch Milch, die homogenisiert wurde, empfiehlt die Expertin nicht: „Durch die Homogenisierung werden die natürlichen Fettmoleküle der Milch zerstört und das kann zu Verdauungsproblemen führen.“
„Kuhmilch ist eines der nährstoffreichsten Lebensmittel überhaupt“
Am gesündesten, so die Expertin, ist die nicht homogenisierte Frischmilch, die man in der Kühltheke findet und die nur wenige Tage haltbar ist. Die Frischmilch wird beim Pasteurisieren für 15 bis 30 Sekunden auf 72 bis 75 Grad erhitzt, dadurch sollen kaum Nährstoffe verloren gehen. „Wenn man die Möglichkeit hat, sollte man auch die Rohmilch direkt vom Bauer kaufen“, empfiehlt die Ernährungswissenschaftlerin. In Deutschland darf Rohmilch, also unverarbeitete Milch, jedoch nur unter bestimmten hygienischen Voraussetzungen und häufigen Kontrollen direkt ab Hof verkauft werden.
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Dass das Image der Kuhmilch heutzutage so angekratzt ist, findet die Ernährungswissenschaftlerin schade. „Milch ist eines der nährstoffreichsten Lebensmittel überhaupt. Wir haben hier viele wichtige Vitamine und Mineralstoffe wie Vitamin A, D, Calcium, Zink und Jod“, erläutert Hannah Hauser. Und diese Nährstoffe seien auch für die Schilddrüse sehr wichtig: „Vor allem Vitamin A spielt hier eine große Rolle. In pflanzlichen Lebensmitteln kommt nur die Vorstufe Beta-Carotin vor und Menschen mit Schilddrüsenunterfunktion sowie Hashimoto können das Beta-Carotin nicht gut umwandeln in das echte Vitamin A.“ Deswegen sei Kuhmilch eine ideale Quelle für Vitamin A. Aber auch hinsichtlich der Qualität des enthaltenen Eiweißes übertreffe Kuhmilch bei weitem die Pflanzendrinks.
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Natürlich können nicht alle Menschen Kuhmilch vertragen. Laktose-Intoleranz oder Milcheiweißunverträglichkeit machen den Konsum von Milchprodukten für manche Menschen schwierig. „Alternativ könnte man dann auf Schafs- oder Ziegenmilch umsteigen, denn diese können Menschen mit Unverträglichkeiten oft besser vertragen“, sagt die Ernährungswissenschaftlerin. Von anderen Milchalternativen, wie etwa Soja- Mandel- oder Erbsenmilch rät die Expertin ebenfalls ab: „Vor allem Sojamilch enthält sogenannte Isoflavone und die ähneln in ihrer Struktur dem weiblichen Sexualhormon Östrogen. Der Konsum von Sojamilch kann also die feine Hormonproduktion in der Schilddrüse stören.“ Grundsätzlich, so Hannah Hauser, enthält jede Milchalternative Zusatzstoffe, auf die Menschen mit Schilddrüsenproblemen, lieber verzichten sollten.
Einnahme von Schilddrüsenhormonen bleibt trotzdem wichtig
Trotz der Vorteile von Kuhmilch sollte man wie bei allen Lebensmitteln auf maßvollen Verzehr achten. Die Zufuhrempfehlung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung liegt bei 200 bis 250 Gramm Milch und Milchprodukten pro Tag. Wer diese Menge überschreitet, nimmt – zumindest mit Vollfett-Varianten – zwar viele Nährstoffe, aber auch viele Kalorien zu sich. Zudem steht Milch laut einer Studie der Harvard Medical School im Verdacht, das Risiko für Prostatakrebs zu steigern, wenn Männer täglich größere Mengen davon konsumieren.
Die Ernährungswissenschaftlerin macht zudem klar, dass nur das Weglassen von Hafermilch die Schilddrüsenprobleme nicht lösen wird: „Es ist wichtig, dass man die Schilddrüsenhormone weiterhin in Absprache mit seinem Arzt nimmt. Die Ernährung kann aber tatsächlich sehr viel bewirken und die Schilddrüsenwerte positiv beeinflussen.“