Bonn/Freiburg. Für ein gesundes Wachstum brauchen Kinder Eiweiße und Eisen. Doch eine gesunde Ernährung der Kleinen ist auch ohne Fleisch möglich - wenn die Ernährung ausgewogen ist und auch Milch- und Eiprodukte enthält. Wir erklären Ihnen, wie sie Ihre Familie fleischlos und gesund ernähren können.
Kinder brauchen kein Leberwurstbrot zum Frühstück und Schnitzel zu Mittag, um groß und stark werden. Sie benötigen zum Wachstum zwar Eiweiße und Eisen - Nährstoffe, die vor allem in Fleischprodukten stecken. Aber nicht nur. "Bei einer ausgewogenen und abwechslungsreichen ovo-lacto-vegetarischen Ernährungsweise können Familien problemlos auf Fleisch oder auch Fisch verzichten", sagt Antje Gahl, Pressesprecherin der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e.V. in Bonn.
Wer "ovo-lacto-vegetarisch" isst, verzichtet zwar auf Fleisch und Fisch, nicht aber auf Milchprodukte und Eier. "Ein Mix aus Obst und Gemüse, Getreide- und Milchprodukten, Hülsenfrüchten und Eiern ist auch bei kleinen Kindern in der Regel unproblematisch." Tatsächlich sei die Annahme, dass nur Fleisch den Körper angemessen mit wertvollen Eiweißen versorgen kann, ein alter Hut.
Linsen enthalten mehr Eiweiß als Schweinefleisch
Die Freiburger Ökotrophologin und Kochbuchautorin Dagmar Freifrau von Cramm, verweist auf neue Untersuchungen: "Sie haben gezeigt, dass deutsche Kinder eher zu viel Eiweiß durchs Essen bekommen." Der Verzicht auf Schnitzel und Frikadelle sei daher überhaupt nicht dramatisch, zumal der Ausgleich durch pflanzliche Produkte schnell hergestellt sei. Schon 100 Gramm Linsen liefern dem Körper zum Beispiel 24 Gramm Eiweiß. Dieselbe Menge Hühnerfleisch bringt dagegen nur rund 11 Gramm, Schweinefleisch knapp 20 Gramm Eiweiß.
Eiweiß versorgt den Körper mit wichtigen Aminosäuren. Sie stecken in Milchprodukten und Eiern, aber auch in pflanzlichen Produkten wie Vollkorngetreide, Hülsenfrüchten, Nüssen, Saaten oder Pilzen. "Ähnelt der Aminosäurenmix unserem eigenen Körpereiweiß, dann brauchen wir nicht so viel davon. Erreicht wird das mit einer guten Mischung unterschiedlicher Eiweißträger", sagt von Cramm.
Eisen steckt auch in Hafer, Hirse oder Sesam
Gut seien zum Beispiel die Kombinationen Kartoffeln mit Ei, Getreide mit Milcheiweiß, Bohnen mit Mais oder Hülsenfrüchte mit Reis oder Nudeln. Besonders bei kleinen Kindern sollten Eltern darauf achten, dass diese Eiweißlieferanten täglich auf dem Speiseplan stehen, rät Antje Gahl: "Sonst kann es zu einem Proteinmangel kommen, der zu Wachstumsverzögerungen oder -störungen führt."
Das gilt auch in puncto Eisen: "Bei Babys ist nach dem ersten Lebenshalbjahr das körpereigene Eisendepot aufgebraucht", sagt von Cramm. Babys, die dann nicht mehr gestillt werden, brauchen Eisen aus der Beikost. "Eine gute Alternative zu Fleisch sind vor allem Hafer- und Hirseflocken oder Tahin, eine asiatische Sesampaste." Diese könne einfach in den Brei des Kindes untergemischt werden: "Am besten mit Vitamin-C-reichem Gemüse, weil so das pflanzliche Eisen besser verwertet werden kann."
Fisch ist bei der vegetarischen Ernährung einte tolle Alternative
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt, Säuglinge und Kleinkinder nicht ausschließlich vegetarisch zu versorgen: "Wir halten es für sinnvoll, dass stillende Mütter und Kleinkinder mindestens einmal pro Woche Fisch essen", sagt DGE-Sprecherin Antje Gahl. Auf diese Weise erhalten die kleinen Kinder über die Muttermilch oder Beikost wichtiges Jod und Omega-3-Fettsäuren. "Wir wissen aus Untersuchungen, dass sich besonders die langkettigen Omega-3-Fettsäuren aus dem Fisch positiv auf die kindliche Entwicklung auswirken."
Sexy Vegetarier
Sojaprodukte, die in vegetarisch lebenden Familien gerne für Soßen oder als Fleischersatz genutzt werden, sollten Eltern jedoch nur begrenzt in den Speiseplan einbauen. "Soja kann im Übermaß Allergien auslösen", warnt Dagmar von Cramm. Auch Antje Gahl empfiehlt Zurückhaltung: "Wir können noch nicht ausschließen, dass sich die im Soja enthaltenen Phytohormone auf die kindliche Entwicklung auswirken." Die DGE rät davon ab, alle Milchprodukte bei Kindern durch Sojaalternativen zu ersetzen. "In Maßen ist der Verzehr von Soja, Tofu und Co. aber durchaus in Ordnung."
Vegane Ernährung ist für Kinder nicht ratsam
Bei vegan lebenden Menschen sind nicht nur Fisch und Fleisch tabu, sondern generell alle tierischen Produkte, also auch Milch und Eier. "Je mehr die Lebensmittelauswahl eingeschränkt wird, desto stärker kann dies natürlich die Gesundheit von Kinder beeinträchtigen, zumindest wenn die Ernährung zu einseitig ist und dadurch Nährstoffmangelzustände auftreten", sagt Gahl. Die DGE rät deshalb von einer veganen Lebensform bei heranwachsenden Kindern ab. Wenn man wichtige Ernährungsregeln beachte, sei sie aber grundsätzlich möglich.
"Eltern müssen sich hier im Vorfeld sehr umfassend und genau informieren, mit welchen Lebensmitteln sie ihr Kind versorgen, damit ein Mangel in jedem Fall auszuschließen ist", betont Antje Gahl. Nach Angaben des deutschen Vegetarierbundes leben hierzulande rund sechs Millionen Menschen vegetarisch, verzichten also bewusst darauf, Fleisch oder Fisch zu essen oder beides. (dapd)
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