Essen. . Unsere Serie „Gesund von A bis Z“ gibt in loser Folge in 26 Artikeln quer durch das Alphabet Tipps zur Gesundheit. Heute: ‚Da stimmt niX’: Die bekanntesten Ernährungsweisheiten werden genau unter die Lupe genommen.

Bei Kindern sorgte er für lange Gesichter, bei Popeye hingegen für starke Muskeln. Stand dem schlanken Matrosen mit der Pfeife im Mund ein Bösewicht im Weg, leerte er in einem Zug eine Büchse Spinat. Binnen Sekunden schoss das Blattgemüse in die Unterarme des Seemanns und die Fäuste flogen. Popeye vermittelte: Der hohe Eisengehalt im Spinat macht stark. Für viele Mütter das rettende Argument, damit der eigene Sprössling das grüne Gemüse nicht die Gabel runterrutschen ließ. Doch stimmt es, was die Zeichentrickfigur versprach? Und was sind bis heute die beliebtesten Ernährungsmärchen?

Im Verhältnis zu anderen Gemüsesorten weist frischer Spinat tatsächlich einen relativ hohen Eisengehalt auf. 100 Gramm enthalten 4,1 Milligramm Eisen, 100 Gramm Spargel gerade einmal 0,7 Milligramm. „Seinen Tagesbedarf an Eisen deckt der Mensch allerdings weniger mit Gemüse, als vielmehr mit Fleisch und Wurst. Spinat enthält, wie alle Gemüsesorten, im Vergleich zu Fleisch nur wenig Eisen. Hingegen weisen vor allem Innereien wie Leber einen hohen Anteil des Spurenelementes auf. Außerdem wird das tierische Eisen besser aufgenommen als das pflanzliche“, sagt Marianne Rudischer. Die Ernährungsmedizinische Beraterin bei der Barmer GEK kann die Vorliebe von Popeye für Spinat dennoch nachvollziehen, denn das Blattgemüse enthält, neben reichlich Folsäure für die Nerven, pflanzliches Eiweiß und Vitamine, insbesondere Betacarotin, eine Vorstufe des Vitamin A. Darüber hinaus zählt Spinat zu den Mineralstofflieferanten, genauso wie Milch, die müde Männer munter machen soll. Marianne Rudischer lacht. Milch gegen Müdigkeit? Das hält die Ernährungsexpertin für einen klugen Werbespruch.

Milch macht munter

Milch enthält leicht verdauliches Eiweiß, weißt einen hohen Kalziumgehalt und je nach Sorte wenig Fett auf. Kinder sollten im Wachstum zum Knochenaufbau vor allem frische Vollmilch trinken, die unter den Milchsorten neben Mineralien auch einen hohen Gehalt an fettlöslichen Vitaminen aufweist. „Dass Milch eines der wertvollsten Lebensmittel ist, das täglich auf jedem Speisenplan stehen sollte, fand in der Gesellschaft lange Zeit kaum Gehör. Vor allem Kinder tranken häufig nur widerwillig ihr Glas aus“, erzählt Marianne Rudischer. „Um den Konsum zu fördern, erfand die Milchwirtschaft den Werbeslogan ‚Milch macht müde Männer munter’.“

Salzstangen gegen Durchfall

Wer mit Durchfall krank im Bett liegt fragt sich vor allem eins: Was darf gegessen werden? Salzstangen und dazu ein Glas Cola? Marianne Rudischer rät, einen säuerlichen Apfel gründlich zu waschen, samt Schale sehr fein zu reiben und ohne Zuckerzusatz mit einem Teelöffel zu essen. Dabei sollten die Äpfel auf einer Glasreibe zerkleinert werden, die gegenüber einer Kunststoffreibe weniger stark oxidiert. „Salzstangen und Cola sind wenig gesundheitsförderlich und viele Kinder reden sich ein: ‚Wenn ich krank bin, bekomme ich immer Salzstangen und Cola’. Der Ballaststoff Pektin, der in den Äpfeln steckt, bindet hingegen die Krankheitserreger.“

Dunkle Brötchen sind gesünder

Wer nach einer Magen-Darm-Grippe langsam auf die Beine kommen möchte, hält sich in den ersten Tagen häufig erst einmal an trockene Brötchen. Doch stimmt es, dass dunkle Brötchen gesünder sind als helle? Marianne Rudischer schüttelt mit dem Kopf, die reine Farbe und auch die Körner auf den Brötchen würden über ihre Wertigkeit nichts aussagen. Es kommt auf das Innere an. „Am gesündesten sind Brot- und Brötchensorten mit einem hohen Anteil an Vollkornmehl. Ein reines Weizenvollkornbrot ist beispielsweise hell und um einiges gesünder als ein dunkles Roggenbrot, das nicht aus Vollkornmehl gebacken wurde.“

Braune Eier sind gesünder als weiße

Auch bei Eiern ist die Farbe kein Entscheidungskriterium. „Braune Eier sind nicht gesünder als weiße. Die Farbe hängt nur von der Rasse der Hühner ab. Beide Sorten weisen die gleiche Art und Menge an Inhaltsstoffen auf. Die braunen Eier haben lediglich eine festere Schale.“ Eiern wird auch nachgesagt, dass sie den Cholesterinspiegel erhöhen. „Eigelb enthält reichlich Cholesterin. Ein mittelgroßes Eidotter weist 239 Milligramm auf.“ Aber deshalb sollten Eier nicht aus dem Kühlschrank verbannt werden, sie enthalten Vitamine und Mineralien. „Der Verbraucher sollte darauf achten, dass er nicht zu viel Cholesterin zu sich nimmt. Meeresfrüchte enthalten beispielsweise auch viel Cholesterin. In 100 Gramm Krabben stecken 138 Milligramm.“

Weitere Ernährungsmärchen unter der Lupe 

Margarine ist gesünder als Butter

Auch die Butter sollte nicht zu dick aufgetragen werden. Oder ist Margarine nicht gleich die bessere Wahl? „Butter und Margarine unterscheiden sich vom Kalorien- und Fettgehalt nur wenig. 100 Gramm Butter enthalten durchschnittlich 755 Kalorien und 83 Gramm Fett, bei Margarine sind es 722 Kalorien und 80 Gramm Fett“, sagt Marianne Rudischer. Aber: Einige pflanzliche Margarinesorten weisen einen hohen Anteil der mehrfach ungesättigten Fettsäuren auf, die Herz-Kreislauferkrankungen vorbeugen können. Es bringe für den Cholesterinspiegel allerdings nichts, wenn jemand eine pflanzliche Margarine kauft, darüber aber dick die fetthaltige Streichwurst aufträgt, deren gesättigte Fette dem Stoffwechsel schaden. „Der Mensch sollte dann schon gezielter auf seine Fettzufuhr achten und die Zunahme der gesättigten Fettsäuren reduzieren.“

Traubenzucker hilft bei Klausuren

Traubenzucker hilft bei Prüfungen. Diese Weisheit hat schon so manch Studenten bei einer Klausur beruhigt. Doch stimmt das? „Wer nicht lernt, dem hilft auch kein Traubenzucker. Sicherlich ist Glucose oder Dextrose, wie Traubenzucker auch heißt, ein Energielieferant und unser Gehirn braucht für seine Funktion Glucose. Aber gesünder ist das Studentenfutter. Die Rosinen mildern das Bedürfnis nach etwas Süßem in der Stresssituation, die Nusssorten enthalten Omega-3-Fette, die gut für die Nerven und das Gehirn sind.“ Die ungesättigten Fettsäuren steigern die Lern- und Konzentrationsfähigkeit und unterstützen das Gedächtnis. Da lässt sich manch harte Nuss vielleicht viel schneller knacken.

Fruchtnektar ist wertvoller als Fruchtsaft

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Ein reines Märchen sei auch, das Fruchtnektar gesünder als Fruchtsaft sei. „Nektar mag wertvoller klingen, gesünder ist aber der Fruchtsaft.“ Beim reinen Fruchtsaft wird die ganze Frucht, das heißt ihr Saft und ihr Fruchtfleisch verwendet. Fruchtnektar enthält meist höchstens bis zu 50 Prozent Fruchtsaft, der Rest sind Wasser und Zucker. „Ich würde daher immer einen reinen Fruchtsaft kaufen. Wem der zu intensiv ist, der könnte ihn selbst mit Wasser verdünnen, so umgeht der Verbraucher den hohen Kaloriengehalt.“ Der Mythos des wertvollen Nektars stammt aus der griechischen Mythologie. „Der Nektar war die Nahrung der Götter. Viele Menschen glauben daher bis heute, dass es sich beim Nektar um ein besonders edles Produkt handelt.“

Müsliriegel als Zwischenmahlzeit

Wer vor- oder nachmittags in Eile ist, greift schnell auch einmal zum Müsliriegel. Eine gesunde Zwischenmahlzeit oder ist auch das ein Märchen? „Müsliriegel sind eine Süßigkeit mit reichlich Fett und Zucker. Sie enthalten oft Haushalts-, Frucht- und Malzzucker sowie Honig. Die Aufschrift ‚kein Zusatzzucker’ meint, dass die Zutaten mit Sirup gebunden werden, wodurch sie etwas weniger Kalorien aufweisen“, erklärt Marianne Rudischer. Auch wenn der Name es verspricht, ein Müsli mit frischer Milch oder verschiedenen Obstsorten ersetzen die Riegel nicht.

Joghurts machen schlank

Als Schlankmacher gilt hingegen der Joghurt. „Naturjoghurt ist ein hoher Eiweißträger. Bei einer Fettstufe von 1,5 Prozent hat ein kleines Töpfchen nur um die 70 Kalorien. Ein Joghurt mit der gleichen Fettstufe, der Früchte enthält, weist dagegen 117 Kalorien auf. Dabei ist nicht sicher, dass ein Erdbeerjoghurt tatsächlich eine Erdbeere gesehen hat. Durch Aromastoffe lassen sich viele Geschmacksrichtungen erzeugen.“

Abends essen macht dick

Dass Joghurt schlank mache, könne Marianne Rudischer so nicht sagen. Ebenso wie Nudeln, Kartoffeln, Reis, Schokolade und Eiscreme nicht dick machen würden. Ein Lebensmittel alleine mache nie schlank oder dick. Ausschlaggebend für eine Gewichtszu- oder -abnahme sei, was insgesamt über den Tag verteilt gegessen wurde. Wie groß waren die Mahlzeiten? Wie fetthaltig die Zubereitung? Wie viele Kohlenhydrate sind über den Tag verputzt worden? Was gab es als Beilage? Wurde vielleicht zum Teller Pasta eine mächtige Sahnesoße serviert? „Auch dass gerade das Abendessen dick macht, stimmt so nicht. Entscheidend ist einzig die aufgenommene Kalorienmenge des Tages.“ Wenn morgens und mittags über das Soll gegessen wurde, nehme der Mensch zu, auch wenn er abends keinen Happen mehr zwischen die Zähne stecke. „Viele Menschen rechnen abends auch die Getränke nicht mit hinzu. Das Glas Lieblingswein hat aber ebenfalls Kalorien.“ Auch sei zwischen vielen kleinen und wenigen großen Mahlzeiten abzuwägen. „Mehrere kleine Mahlzeiten halten den Blutzuckerspiegel konstant. Fällt er ab, meldet sich der gefährliche Heißhunger. Der Mensch kann sein Hungergefühl nicht mehr bremsen und isst über das Maß hinaus.“ Der Zeiger der Waage steigt.

Ein Gläschen Schnaps für die Verdauung

Auf all die Ernährungsmärchen benötigen Sie erst einmal einen Schnaps? So wie nach einem guten Restaurantbesuch? „Die Idee hinter dem Schnaps ist, dass der Nahrungsbrei schneller die Darmwand passiert“, sagt Marianne Rudischer. Nur eine weitere Mär? Alkohol schwächt lediglich das Völlegefühl etwas ab, die Nahrung wird aber nicht schneller verdaut. „Fest steht, dass Schnaps vielmehr zu Müdigkeit führt.“