Essen. . Die Zahl der Studenten wächst und wächst. Doch die Zahl der Professoren blieb unverändert. Nach einer Studie müssten bundesweit rund 30 000 Wissenschaftler eingestellt werden. Doch das Land hat kein Geld.

Im Rennen der Wissensmetropolen gilt das Ruhrgebiet als „Herausforderer-Region“. Dieser hübsche Titel besagt im Klartext: Das Revier hinkt hinterher. Zwar zuversichtlich, den Abstand zu verringern, aber noch abgeschlagen. Zu diesem Ergebnis kam kürzlich eine Studie des Centrums für Hochschulentwicklung (CHE), die im Auftrag der Stiftung Mercator die Wissenschaftsstandorte München, Zürich und Berlin mit dem Ruhrgebiet verglich.

Neben der vergleichsweise geringen finanziellen Ausstattung der Hochschulen und der niedrigeren Anzahl außeruniversitärer Forschungsinstitute bemängelte die Studie vor allem die schlechte Betreuungsrelation an den Hochschulen in NRW. Während in Zürich 33 Studenten von einem Professor betreut werden, in Berlin 49 und in München 50, muss es in NRW ein Professor mit 65 Studierenden aufnehmen. Eine gute Betreuungsrelation gilt als wesentlicher Erfolgsfaktor eines Wissenschaftsstandortes.

Seit vier Jahren strömen zu jedem Wintersemester mehr Studienanfänger an die Hochschulen, die Zahl der Professoren indes stagnierte. Allein zwischen dem Wintersemester 2009/2010 und dem Wintersemester 2010/2011 kletterte die Zahl der Studierenden in NRW um 8,8 Prozent auf über 518 000 Studenten. Mit über 84 000 neuen Studenten wurde ein Rekordwert erreicht. Bundesweit ist die Entwicklung ähnlich, im Herbst 2010 knackte die Studentenzahl die Marke von 2,2 Millionen. Durch doppelte Abiturjahrgänge und den Wegfall der Wehrpflicht ist ein neuer Höhepunkt im Herbst 2011 sicher.

Offensive gegen Zeitverträge

Zugleich gehen viele Professoren in Pension. Bundesweit müssten 30 000 Wissenschaftlerstellen bis 2025 besetzt werden, darunter gut 16 000 Professoren. Soll die prekäre Betreuungsrelation sinken, müssten es noch weit mehr sein. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Politologin Silke Gülker vom Wissenschaftszentrum Berlin (WZB) im Auftrag der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Für die Bildungsgewerkschaft sind diese Zahlen Rückenwind für ihre Kampagne gegen „ausufernde“ Zeitverträge an den Hochschulen und für eine neue „Entfristungsoffensive“. „Die Hochschulen brauchen nicht nur mehr Beschäftigte, sondern auch bessere Beschäftigung: durch mehr unbefristete Arbeitsverhältnisse“, sagte GEW-Vorstandsmitglied Andreas Keller.

Und NRW müsste mehr tun als viele andere Bundesländer, so Gülker. Zwar studieren hier 24 Prozent aller in Deutschland eingeschriebenen Studenten, jedoch verfüge NRW nur über 18 Prozent des Personals. Das schlägt sich in der Betreuungsquote nieder: Bundesweit betreut im Durchschnitt ein Professor 52,8 Studenten, in NRW sind es zwölf mehr. „Das ist ein enormer Unterschied“, stellt Gülker klar. Um die Quote auf akzeptable eins zu 45 zu senken, müssten bundesweit etwa 10 000 Professoren zusätzlich eingestellt werden. Verhältnismäßig größer ist demnach die Aufgabe in NRW.

Keine Besserung in Sicht

Doch gibt es keine Anzeichen, dass sich die Lage verbessern wird. Die Neuverschuldung des Landeshaushaltes erreicht Rekordniveau und ist zudem durch die Kompensation der abgeschafften Studiengebühren in Höhe von knapp 250 Millionen Euro stark strapaziert.

Der ehemalige FDP-Wissenschaftsminister Andreas Pinkwart rief die Hochschulen regelmäßig dazu auf, aus Mitteln der Studiengebühren doch bitte auch mehr Lehrpersonal einzustellen, um die Quote zu verbessern. Ähnlich verlautet es jetzt aus dem nunmehr SPD-geführten Ministerium: Das geht auch mit den Kompensationsgeldern.