Essen. . Weil viele Flüchtlinge im Sommer von ihren Deutsch-Kursen in normale Klassen wechseln müssen, droht in Essener Schulen ein Platzproblem.

Auch, wenn die Stadt derzeit keine neuen Flüchtlinge zugewiesen bekommt, droht den Schulen im Stadtgebiet vom nächsten Schuljahr an ein Raum- und Personalproblem von bislang nicht gekanntem Ausmaß. Schulleiter fürchten einen flächendeckenden Kollaps.

Die Verwaltung will gegensteuern und an mehreren Grund- und Realschulstandorten Pavillons aufstellen, um die akute Not zu lindern. Das teilten der Schuldezernent der Stadt, Peter Renzel, und die Amtsleiterin des Fachbereichs Schule, Regine Möllenbeck, am Freitag mit. Renzel: „Wir müssen sofort neuen Schulraum schaffen und Standorte erweitern.“

6000 Flüchtlinge – mehr als ein ganzer Jahrgang

In den letzten drei Jahren sind etwa 6000 Flüchtlinge an den Essener Schulen aufgenommen worden. Die meisten an den Grundschulen, Berufskollegs und Gymnasien. Die ersten zwei Jahre gelten als „Erstförderzeitraum“, in dem Flüchtlinge in separaten Deutschlern-Klassen unterrichtet werden. Diese Klassen werden oft räumlich in separaten Gebäuden gebündelt, zum Beispiel in Steele oder Frohnhausen an so genannten „Integrationszentren“.

Doch für viele zugewanderte Kinder und Jugendliche läuft dieser Förderzeitraum im Sommer oder später aus. Das Gesetz schreibt vor, dass diese so genannten Seiteneinsteiger dann in reguläre Klassen integriert werden – voraussichtlich vor allem an Haupt-, Real- und Gesamtschulen. Doch dort gibt es schon jetzt kaum freie Plätze.

Im Sommer fehlen mindestens 300 Plätze

So fehlen zu Beginn des nächsten Schuljahres Ende August absehbar 300 Plätze an weiterführenden Schulen – das sind zwölf Klassen. Und auch an den Grundschulen gibt es keine freien Kapazitäten, was auch an den Geburtenzahlen liegt, die seit 2013 wieder steigen. Viele Grundschulen haben bereits ihre Klassengrößen bis aufs rechtlich zulässige Maximum ausgedehnt.

„Die Schulen werden die Integration von Seiteneinsteigern im Sommer nicht mehr bewältigen können“, befürchten die Sprecher der Essener Grund-, Haupt-, Real-, Gesamtschulen und Gymnasien in einem Brief, der Anfang des Monats an den Oberbürgermeister verschickt wurde. „Die Kapazitäten der Schulen sind überschritten.“

4300 so genannte Seiteneinsteiger

Bei der letzten Erhebung besuchten knapp 4300 so genannte „Seiteneinsteiger“ die Essener Schulen. Nach zwei Jahren „Erstförderung“ verlieren sie diesen Status und gelten als ganz normale Schüler.

Die meisten Seiteneinsteiger waren im September an den Grundschulen (1639), an die Gymnasien gingen 825, an Berufskollegs 729. An Realschulen gingen 352 Seiteneinsteiger, 330 an Realschulen.

Die Stadt will mit weiteren Maßnahmen reagieren: „Wir stärken die Schulen“, kündigt Renzel an – so soll Geld vom Land für zusätzliches pädagogisches Personal ausgeben werden, zum Beispiel für Sozialarbeiter. Lehrer, vor allem für Grundschulen, sind derzeit schlecht zu bekommen. Außerdem soll schnell ein Vertretungs-Pool für Schulsekretärinnen eingerichtet werden, den es bisher nicht gibt.