Berlin. Nachwuchswissenschaftler hangeln sich in Deutschland oft von Kurzfristvertrag zu Kurzfristvertrag. Künftig soll mehr Sicherheit her.

Extrem kurze Befristungen bei Arbeitsverträgen an deutschen Hochschulen sollen in Zukunft per Gesetz eingeschränkt werden. Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU) stellte am Dienstag in Berlin den Entwurf für ein geändertes Wissenschaftszeitvertragsgesetz gemäß einer vorangegangenen Einigung in der Koalition vor.

Die Laufzeit der Verträge solle sich künftig daran orientieren, wie lange eine entsprechende Promotion oder ein konkretes Forschungsprojekt dauert. Die Änderungen, die vor allem jungen Wissenschaftlern zugutekommen, sollen bis zur zweiten Septemberwoche das Bundeskabinett passieren und dann das parlamentarische Verfahren durchlaufen.

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Mit höheren Ausgaben von Bund und Ländern für die Hochschulen konnten laut Wanka in den vergangenen Jahren deutlich mehr Beschäftigte angestellt werden: Von 2005 bis 2014 sei das haupt- und nebenberufliche wissenschaftliche Personal um 140 000 bis auf 380 000 gewachsen. Bei der Hälfte der Wissenschaftler, die nach dem Wissenschaftszeitvertragsgesetz eingestellt wurden, hätten die Verträge aber eine Laufzeit von unter einem Jahr, erklärte Wanka und folgerte daraus: "Es gibt Anlass zu Korrekturen."

Der Entwurf sieht nun folgende Vorgabe vor: "Die vereinbarte Befristungsdauer soll jeweils so bemessen sein, dass sie der angestrebten Qualifizierung angemessen ist." Das könnten etwa zwei bis vier Jahre bei einer Promotion sein, meinte Wanka.

1,2 Milliarden Euro aus Bafög-Mitteln

Für nichtwissenschaftliches Personal wie IT-Spezialisten oder Laboringenieure solle künftig das Wissenschaftszeitvertragsgesetz nicht mehr gelten. Sie sollten möglichst auf Dauer angestellt werden.

Insgesamt sei das Verhältnis zwischen befristeten und unbefristeten Stellen außer Balance geraten. Diese solle wiederhergestellt werden. Dazu sollten auch die 1,2 Milliarden Euro pro Jahr mehr dienen, die die Länder aus freiwerdenden Bafög-Mitteln zur Verfügung haben. Wanka begrüßte, dass einige Länder die Mittel vorrangig in neue, unbefristete Hochschulstellen steckten.

Der Grünen-Hochschulexperte Kai Gehring kritisierte die Ankündigungen als unzulänglich. "Unter anderen fehlen eine klare familienpolitische Komponente und eine Aufhebung der Tarifsperre", sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Diese untersagt über das Gesetz hinausgehende tarifvertragliche Regeln. "Gänzlich unter den Tisch gefallen ist das Nachwuchsprogramm für zusätzliche Stellen", kritisierte Gehring zudem. Ein Programm für mindestens 10 000 Nachwuchsstellen an den Hochschulen sei nötig.

Großteil hat nur einen befristeten Vertrag

Die SPD-Bildungsexpertin Simone Raatz begrüßte, dass Wanka die Vorgaben der Fraktionen zügig umgesetzt habe. Die Beschäftigten sollten schnellstmöglich davon profitieren. "Deshalb wollen wir, dass das neue Gesetz zum 1. Januar 2016 in Kraft tritt."

Die Vize-Chefin des DGB, Elke Hannack, lobte die Pläne als gute Grundlage, "um die Hire-and-Fire-Mentalität an den deutschen Hochschulen und Forschungseinrichtungen zu beenden". Rund 90 Prozent der wissenschaftlichen Mitarbeiter hätten nur einen befristeten Vertrag. (dpa)