Düsseldorf. Die SPD fordert ein Rettungspaket für Kitas. Träger in NRW warnen vor Schließungen und Insolvenzen. Was die Landesregierung dazu sagt.

Die SPD-Opposition in NRW hat mit Blick auf das neue Kita-Jahr vor einem Kollaps des Betreuungssystems gewarnt. Vielen Einrichtungen in NRW drohe die Schließung oder Insolvenz, wenn das Land nicht finanziell nachbessere. „Es herrscht Alarmstimmung in den Kitas. Aber die Landesregierung hält sich bei dem Thema mit den Zeigefingern die Ohren zu“, kritisierte der familienpolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Dennis Maelzer, am Freitag.

Maelzer forderte von der Landesregierung ein kurzfristiges Rettungspaket in Höhe von etwa 620 Millionen Euro, damit Träger die Mehrkosten für Energie, Inflation und Tarifsteigerungen bis zum Start des Kita-Jahres 2024 ausgleichen könnten. Es gebe Hilferufe aus der gesamten Kitalandschaft: von der Diakonie über die Wohlfahrt bis zu evangelischen und katholischen Trägern. „Nicht einzelne Gruppen, sondern alle machen sich verdammt viele Sorgen“, so Maelzer.

Ohne finanzielle Unterstützung stehen viele Einrichtungen vor dem Aus

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Die Freie Wohlfahrtspflege warnt, dass Kitas unverschuldet in finanzielle Schwierigkeiten geraten würden. Sie ist mit 8600 der landesweit 10.600 Kitas der mit Abstand größte Trägerverbund in NRW. Wenn die Landesregierung keine finanzielle Unterstützung zusichere, seien Gruppenschließungen und Insolvenzen nicht auszuschließen.

„Trotz monatelanger Diskussion zwischen uns und dem Land gibt es keine Fortschritte. Die Verbände und Träger fühlen sich vertröstet und ignoriert“, schreibt der Vorsitzende der Freien Wohlfahrtspflege, Christian Woltering, in einem Brandbrief an Staatskanzleichef Nathanael Liminski.

Kaum Personal und kaum Kita-Plätze in NRW: SPD sieht Land in der Pflicht

Auch mit Blick auf den drastischen Personalmangel sieht SPD-Mann Maelzer die Landesregierung in der Pflicht. Er forderte, dass die Trägerkosten für die Erzieherausbildung vollständig finanziert werden. Außerdem solle der Berufseinstieg für ausländische Fachkräfte erleichtert werden durch eine schnellere Anerkennung ihrer Berufsqualifikationen.

Auch beim Ausbau von Kita-Plätzen sei NRW viel zu langsam. In diesem Jahr seien 3980 neue Plätze für unter Dreijährige geschaffen worden. „Das ist der zweitschlechteste Ausbaustand seit 2010“, kritisierte Maelzer. Knapp 30 Prozent der unter Dreijährigen zurzeit sind in einer Betreuung. Der Bedarf liegt bei etwa 48 Prozent.

Familienministerium verteidigt sich durch Verweis auf das „Sofortprogramm Kita“

Das NRW-Familienministerium verwies auf Anfrage unserer Redaktion auf das „Sofortprogramm Kita“, das einen flexibleren Personaleinsatz ermöglichen und damit kurzfristig Entlastung schaffen soll. Zur Wahrheit gehöre gleichwohl, „dass uns diese Herausforderungen noch eine Weile weiter beschäftigen werden“, hatte das Ministerium bereits vor einigen Tagen klargestellt.

Laut einer Studie der Bertelsmann-Stiftung fehlen in NRW mehr als 100.000 Kita-Plätze und etwa 24.000 Erzieher. Ab dem 1. August werden laut Familienministerium etwa 761.000 Kinder betreut – ein Plus von etwa 9000 Plätzen im Vergleich zum Vorjahr.