Düsseldorf. Die Fachoberschule an Berufskollegs war als Nebentür gedacht. Jetzt ist der Andrang riesig. Muss NRW die Einstellungspolitik ändern?

Immer mehr Realschüler in Nordrhein-Westfalen wollen Polizisten werden. Für das kommende Schuljahr hat das NRW-Innenministerium 2.936 Bewerbungen für die neue Fachoberschule Polizei an ausgewählten Berufskollegs registriert. Das bedeutet gegenüber dem Vorjahr einen Anstieg um fast 20 Prozent und damit in etwa achtmal so viele Bewerber wie vorhandene Schulplätze.

„Wir haben uns vorgenommen, jährlich 3000 junge Menschen für einen Job bei der Polizei zu gewinnen. Dabei hilft uns auch das Modell Fachoberschule Polizei. Das Interesse ist riesig“, sagte Innenminister Herbert Reul (CDU) unserer Redaktion.

Die Landesregierung hatte im vergangenen Jahr erstmals wieder den Polizeiberuf für Interessenten mit mittlerem Schulabschluss geöffnet. Dafür wurde zunächst an landesweit 15 Berufskollegs die sogenannte Fachoberschule Polizei mit 300 Plätzen gestartet. Nach den Sommerferien sollen jetzt vier weitere Berufskollegs in Halver, Minden, Hilden und Herzogenrath hinzukommen. Realschüler absolvieren dort ein einjähriges Polizeipraktikum und werden dann mit einem auf Polizeibedürfnisse abgestimmten Lehrplan zur Fachhochschulreife geführt. Anschließend folgt die normale Polizeiausbildung, für die es von vornherein eine Einstellungszusage gibt.

Schwarz-gelbe Vorgängerregierung hat Modell erfunden

Das Modell ist ein Kompromiss der alten schwarz-gelbe Landesregierung. Die FDP hatte 2017 in den Koalitionsvertrag verhandelt, dass Realschüler auch in NRW wieder eine Chance bei der Polizei bekommen sollen. Mit Einführung der zweigeteilten Laufbahn war dies seit Jahrzehnten nur noch Abiturienten und Quereinsteigern mit abgeschlossener Berufsausbildung möglich. Reul hatte zunächst zurückhaltend reagiert, da das Berufsbild immer komplexer werde und den „Schutzmann an der Ecke“ längst hinter sich gelassen habe. Auch die Gewerkschaften wollen eine schleichende Rückentwicklung der gut besoldeten Laufbahnen verhindern.

Inzwischen hat NRW jedoch Mühe, die jährlich 3000 Ausbildungsplätze überhaupt mit qualifizierten Bewerbern zu besetzen. Im vergangenen Jahr wurde die Zielmarke verfehlt. Die FDP fordert deshalb, die Ausbildungskapazitäten dem Bedarf anzupassen und mehr hochmotivierte Realschüler ins System zu holen: „Die Landesregierung aus CDU und Grünen hat vollmundig 3000 Neueinstellungen bei der Polizei versprochen. Mittlerweile zeigt sich, dass die Versprechungen nur mit Abiturienten kaum zu halten sind“, sagte FDP-Innenexperte Marc Lürbke unserer Redaktion. Schwarz-Grün müsse die Fachoberschule Polizei ausbauen und die Berufskollegs beim Aufbau weiterer Bildungsgänge unterstützen.

Braucht NRW mehr Plätze an Berufskollegs?

Die Fachoberschule Polizei ist zunächst nur als Pilotprojekt auf fünf Jahre angelegt. An ausgewählten Standorten werde nun eine zweite Klasse eingerichtet, so das Innenministerium, stellte aber klar: „Eine darüberhinausgehende Erweiterung des Schulversuchs ist gegenwärtig nicht beabsichtigt.“

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