Düsseldorf. Die vollmundig angekündigten und finanzierten 3000 Kommissarsanwärter wurden nicht gefunden. Auch in anderen Bereichen fehlen Beamte.
Die schwarz-grüne Landesregierung hat überraschend klar die eigene Zielmarke von 3000 neuen Kommissarsanwärtern bei der NRW-Polizei verfehlt. Wie aus einer Vorlage für den Haushalts- und Finanzausschuss des Landtags hervorgeht, konnten zum neuen Ausbildungsjahr im Herbst 2022 lediglich 2670 Einstellungen von geeigneten Interessenten erfolgen.
Das Bewerberaufkommen war mit 10.556 jungen Leuten spürbar schlechter als im Vorjahr (11.846), obwohl die Polizei lange als sehr begehrter Beruf unter Schulabsolventen galt. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) hatte schon im Oktober von ersten „Warnsignalen“ gesprochen.
"Neue Stellen sind oft nur Symbolpolitik, wenn sie gar nicht besetzt werden“
„Zunehmender Bewerbermangel trifft den Staat mit voller Wucht. Neue Stellen sind oft nur Symbolpolitik, wenn sie gar nicht besetzt werden“, kritisierte FDP-Fraktionsvize Ralf Witzel am Mittwoch.
Die CDU hatte im Landtagswahlkampf mit dem angepeilten Rekord von 3000 neuen Polizisten für sich geworben. Noch bei der Präsentation des ersten Nachtragshaushalts der neuen schwarz-grünen Koalition im September hieß es, im Polizeibereich würden „die Einstellungsermächtigungen nochmals um 400 auf dann 3000 jährlich erhöht“. Die Bewerbungsfrist wurde dafür ausnahmsweise sogar bis in den Oktober hinein verlängert. Am Ende wurden damit aber in etwa nur genauso viele Kommissarsanwärter eingestellt wie in den Jahren 2021 (2660) und 2020 (2659) auch.
Auch bei Lehrern und Finanzbeamten sieht es düster aus
Witzel zeigte sich alarmiert: „Unbesetzte Stellen gefährden zunehmend unsere Sicherheit und Gerechtigkeit.“ Es stelle sich die Frage, wie künftig jedes Jahr die versprochenen 3000 Kommissaranwärter rekrutiert werden sollen, ohne Standards weiter abzusenken. Schon heute bedeute der sogenannte Rangordnungswert „über 85“ in den Bewerbungsverfahren das niedrigste Anforderungsniveau seit langem. In früheren Jahren hätten die Werte auf der Eignungsskala oft über 100 gelegen, so Witzel.
Die FDP fordert schnellere Aufstiegsperspektiven und mehr Flexibilität im Laufbahnrecht. Bis eine bessere Besetzung offener Stellen zu realisieren sei, müssten überdies Tätigkeiten „einer gründlichen Aufgabenkritik“ unterzogen werden.
Der Fachkräftemangel schlägt insgesamt immer stärker auf den öffentlichen Dienst in Nordrhein-Westfalen durch. Auch Schulministerin Dorothee Feller (CDU) kämpft aktuell mit mehr als 8000 unbesetzten Lehrerstellen. Trotz der gegenwärtigen Wirtschaftskrise scheinen die auf Lebenszeit abgesicherten Beamtenposten auch in anderen Bereichen an Attraktivität verloren zu haben. In der NRW-Finanzverwaltung etwa beträgt die sogenannte Verlustquote – also die Summe aus Prüfungsdurchfall und Ausbildungsabbruch – im aktuellen Abschlussjahrgang satte 26 Prozent. In beiden Laufbahngruppen (mittlerer und gehobener Dienst) sinkt seit Jahren die Anzahl qualifizierter Bewerber, während die Rückgabe von Ausbildungsverträgen durch bereits angenommene Anwärter zum Teil deutlich über 15 Prozent liegt.