Düsseldorf. NRW-Kommunen zögern in der Frage, ob die neue Grundsteuer auf Stadtebene tatsächlich aufkommensneutral bleibt. Verband ist alarmiert.

Bei Haus- und Wohnungsbesitzern in NRW wächst die Sorge vor neuen Kosten durch die Grundsteuerreform. Anlass ist das Ergebnis einer Aktion des Verbandes Wohneigentum NRW. Der Verband, der nach eigenen Angaben rund 130.000 Grundeigentümer an Rhein und Ruhr vertritt, hatte die 396 Städte und Gemeinden in NRW im Februar schriftlich aufgefordert, schon jetzt eine Selbstverpflichtung für eine aufkommensneutrale Umsetzung der Reform abzugeben und beim Umbau des Grundsteuersystems bis 2025 größtmögliche Transparenz walten zu lassen. Die Resonanz auf die persönlich an alle Oberbürgermeister und Bürgermeister des Landes gerichteten Schreiben ist aus Sicht des Verbandes enttäuschend.

Antworten nur aus 20 Städten

Nur etwa 20 Städte haben laut Verbandschef Peter Preuß überhaupt auf das Papier reagiert. Und selbst diese wenigen Antworten seien durchweg ausweichend gewesen. Das Haushaltsrecht lasse kein Versprechen zur Aufkommensneutralität zu, man müsse sich Grundsteuererhöhungen für 2025 vorbehalten, weil man die Finanzlage noch nicht absehen könne – so fasst der Verband die Reaktionen auf die Anfrage zusammen.

Verband: Eine Sache der Glaubwürdigkeit

Preuß spricht von einem alarmierenden Signal: „Es bestärkt unsere Sorge, dass man sich an das Versprechen, die Grundsteuerreform auch in den Kommunen aufkommensneutral umzusetzen, heute nicht mehr erinnern will“, sagte der Verbandschef der WAZ. Der Umbau des Grundsteuersystems sei indes stets mit der politischen Botschaft flankiert worden, dass die Grundsteuerreform innerhalb einer Stadt aufkommensneutral gestaltet werden müsse. „Die Reform darf nicht zu einer grundsätzlichen Steuererhöhung auf kommunaler Ebene führen. Sich an diesem Leitgedanken zu orientieren, ist eine Frage der Glaubwürdigkeit“, so Preuß. Er warnte die Kommunen von einer Steuererhöhung „durch die Hintertür“.

Sorge um Grundsteuererhöhung "durch die Hintertür"

Die Sorge, dass Städte und Gemeinden im Windschatten der Reform schon vor dem Stichtag 1. Januar 2025 ihre derzeit geltenden Hebesätze anheben könnten, um die politisch geforderte Aufkommensneutralität von einem dann höheren Einnahmenniveau aus zu erreichen, ist nicht völlig aus der Luft gegriffen. Neben der Gewerbesteuer gehört die Grundsteuer zu den wichtigsten Einnahmequellen der Kommunen, deren Höhe sie selbstständig bestimmen können. Das schafft Begehrlichkeiten. Besonders die finanziell angeschlagenen Städte im Ruhrgebiet erlagen in den vergangenen Jahren reihenweise der Versuchung, Haushaltslöcher mittels eines kräftigen Anstiegs der Hebesätze zu stopfen und gleichzeitig Sparauflagen des Landes zu erfüllen.

Aufhorchen lässt zudem eine Erklärung des Städte- und Gemeindebundes NRW zum Thema. „Keine Kommune wird die Grundsteuerreform an sich zum Anlass nehmen, das Aufkommen zu erhöhen“, zitierte die „Rheinische Post“ Verbandspräsident Eckhard Ruthemeyer. Aber Coronafolgen, Energiekrise, Flüchtlingsunterbringung oder der kommende Rechtsanspruch auf einen Ganztagsplatz setzten die kommunalen Haushalte massiv unter Druck, ergänzte Ruthemeyer. „Es wäre schlichtweg unseriös, für 2025 oder darüber hinaus Versprechungen zu machen, man werde keine Steuern erhöhen“, sagte er.

NRW-Finanzministerium will Empfehlungen 2024 veröffentlichen

Das NRW-Finanzministerium will sämtliche Kommunen voraussichtlich ab 2024 öffentlich darüber informieren, mit welchem Hebesatz jeweils Aufkommensneutralität erreicht werden kann. Allerdings seien diese Werte jeweils nur eine Empfehlung an die Städte.

Noch immer fehlen knapp 20 Prozent der Grundsteuererklärungen

Unterdessen fehlen den Finanzbehörden noch immer knapp 20 Prozent der benötigten Grundsteuererklärungen. Bisher sind rund 5,4 Millionen Erklärungen bei den nordrhein-westfälischen Finanzämtern eingegangen. Das entspricht einer Quote von 82 Prozent, wie die Oberfinanzdirektion NRW am Dienstag auf WAZ-Anfrage mitteilte. 90 Prozent der Erklärungen wurden digital abgegeben. Mehr als Dreiviertel der eingegangenen Grundsteuererklärungen seien bereits bearbeitet und entsprechende Bescheide an die Eigentümer verschickt worden. Die Zahl der Einsprüche hält sich laut der Behörde in Grenzen: Bis zum 31. Januar 2023 wurde landesweit gegen lediglich 4,6 Prozent der Grundsteuerwertfeststellungsbescheide Einspruch eingelegt.