Essen/Duisburg. Duisburg will die Gewerbe- und Grundsteuersätze senken. Verbände loben den Plan als „starkes Signal“ für das Ruhrgebiet.
Mit der geplanten Absenkung der Gewerbe- und der Grundsteuersätze in Duisburg stellt erstmals seit vielen Jahren wieder eine hoch verschuldete Stadt aus dem Ruhrgebiet Entlastungen für Bürger und Gewerbetreibende bei diesen zentralen Kommunalabgaben in Aussicht.
Hebesatzsenkung vor allem symbolisch
Zwar werden die beiden Steuern nur geringfügig gesenkt. Doch mit der Reduzierung der Hebesätze der Gewerbesteuer von 520 auf 515 Punkte und der Grundsteuer von 855 auf 845 Punkte soll nach dem Willen der im Stadtrat tonangebenden GroKo aus SPD und CDU zumindest der Einstieg in eine Rücknahme der deutlichen Erhöhung von 2014 markiert werden. „Bei den geplanten Steuersenkungen geht es mir im ersten Schritt weniger um die vermutlich überschaubare Entlastung an sich, als vielmehr um das Symbol: Die Trendwende ist da. Weitere Entlastungen können und werden folgen“, teilte Oberbürgermeister Sören Link (SPD) auf der Homepage der Stadt mit.
Hohe Hebesätze sind Standortnachteil
Der Duisburger Schritt dürfte eine starke Signalwirkung vor allem ins Ruhrgebiet hinein entfalten. Sparvorgaben des Landes und die angespannte Haushaltslage zwangen die Kommunen hier, die Kommunalabgaben hochzuschrauben. Die Ruhrwirtschaft sieht die hohen Hebesätze der Gewerbesteuer seit Langem als Standortnachteil für die Region.
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Stefan Dietzfelbinger, Hauptgeschäftsführer der Niederrheinischen Industrie- und Handelskammer, lobt den Duisburger Schritt denn auch als „wirtschaftsfreundliches Zeichen für den Standort Duisburg. „Die Hebesätze kannten in den letzten 45 Jahren in Duisburg nur eine Richtung. Dass sie jetzt gesenkt werden, ist ein wichtiges Signal für unsere Wirtschaft“, sagte Dietzfelbinger. Die angekündigte Steuersenkung schaffe in unsicheren Zeiten Planungssicherheit.
Höchste Werte in Oberhausen und Mülheim
Der Steuerzahlerbund NRW (BdSt) spricht von einem „starken Signal an die steuerzahlenden Bürger und Unternehmen“. Die Duisburger Pläne seien „ein guter Anfang, der Nachahmer finden sollte“, sagte BdSt-Steuerexperte Markus Berkenkopf der WAZ. In den Augen der Business Metropole Ruhr GmbH (BMR) ist eine Senkung der Gewerbesteuersätze dagegen längst nicht mehr das entscheidende Kriterium für Neuansiedlungen. „Wichtiger sind Innovationsfähigkeit und Fachkräfte. Bei diesen Faktoren ist das Ruhrgebiet gut aufgestellt und dynamisch“, sagte BMR-Geschäftsführerin Julia Frohne der WAZ.
Nach BdSt-Berechnungen sind die geplanten Entlastungen bei den Gewerbesteuern im Einzelfall in der Tat vergleichsweise marginal. Ein Betrieb mit 50.000 Euro Gewerbeertrag spart je nach Gesellschaftsform maximal 50 bis 100 Euro. Angesichts der aktuellen Belastungen der Kommunen sei eine Steuersenkung in der jetzigen Zeit aber etwas „ganz Besonderes“, betonte Berkenkopf.
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Die Gewerbesteuersätze im Ruhrgebiet liegen seit Jahren deutlich über dem NRW-Schnitt. Oberhausen und Mülheim haben mit jeweils 580 Punkten unter den NRW-Großstädten die landesweit höchsten Sätze. Auch Witten (520), Hattingen (5151), Herne (500 Punkte), Bochum (495), Essen und Gelsenkirchen (beide jeweils 480) liegen deutlich über dem sogenannten fiktiven NRW-Hebesatz von 435 Punkten für kreisfreie und 414 Punkten für kreisangehörige Kommunen.
„Steueroasen“ wie Monheim sorgen für Verdruss im Ruhrgebiet
Für Verdruss im Ruhrgebiet sorgen zudem „Steueroasen“ in der Nachbarschaft. Mit nahezu nur halb so hohen Sätzen lockten besonders Leverkusen und Monheim längst auch Revier-Unternehmen an.
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Anlass für die Duisburger Steuersenkungspläne sind nach Angaben der Stadt prognostizierte Mehreinnahmen insbesondere durch erhöhte Schlüsselzuweisungen des Landes und eine insgesamt verbesserte Kassenlage des städtischen Haushalts durch den Abbau von Kassenkrediten. Steuerexperte Berkenkopf spricht denn auch von einem „Paradigmenwechsel in Duisburg, wo bisher regelmäßig nach Ausreden gesucht wurde, um Abgabensteigerungen zu rechtfertigen“.
Erträge haben zuletzt zugelegt
Im vergangenen Jahr hatten die NRW-Kommunen insgesamt bei den Gewerbesteuererträge überraschend deutlich zugelegt. Nach einer Auswertung der Landesstatistikbehörde IT.NRW aus dem Frühjahr nahmen alle NRW-Kommunen 2021 rund 13 Milliarden Euro an Gewerbesteuern ein – circa 30 Prozent mehr als 2020, in dem es bei den ertragsabhängigen Steuerzahlungen der Unternehmen pandemiebedingt erdrutschartig abwärts ging. Doch selbst im Vergleich mit 2019 konnten die kommunalen Gewerbesteuereinnahmen an Rhein und Ruhr um 200 Millionen Euro beziehungsweise 4,5 Prozent zulegen. Profitieren konnten auch einige Städte aus dem Ruhrgebiet, darunter Duisburg. Ungleich verteilt sind die Gewerbesteuereinnahmen unter den NRW-Städten aber dennoch. Gemessen an der Einwohnerzahl nahm Düsseldorf 2021 dreimal so viel Gewerbesteuern ein wie Nachbar Duisburg. (mit ma)