Düsseldorf. Millionen Erklärungen fehlen noch, Millionen sind unvollständig, die Rechtsunsicherheit ist groß: Die FDP erhöht jetzt den Druck.
Im anhaltenden Ärger um die Grundsteuerreform in Nordrhein-Westfalen gerät Finanzminister Marcus Optendrenk (CDU) zunehmend unter Druck, mehr Rechtssicherheit und Servicefreundlichkeit für Millionen von Immobilienbesitzern durchzusetzen. Konkret fordert die FDP-Opposition im Landtag per Antrag in der laufenden Plenarwoche, dass die schwarz-grünen Landesregierung eine „allgemeine Vorläufigkeitszusage“ für alle Grundsteuerbescheide abgibt. Das würde bedeuteten, dass auch jene Bürger später von Musterklagen profitieren könnten, die nicht rechtzeitig Einspruch gegen ihren Bescheid eingelegt haben. Optendrenk müsse zudem den knapp 100 Finanzämtern in NRW eine klare Vorgaben zu Fristverlängerungen machen. Für rund zwei Millionen Grundstücke wurden noch immer keine Erklärungen eingereicht: „Wir warten auf ein Signal des Ministers, dass die Finanzverwaltung einheitlich großzügig mit säumigen Steuerpflichtigen umgehen soll“, sagte FDP-Fraktionsvize Ralf Witzel. Auch die Qualität von Hotline und Grundsteuer-Software bedürfe der schnellen Nachbesserung. „Es kann nicht sein, dass man eine kommerzielle App braucht, die einen durch die Steuererklärung navigiert“, so Witzel.
45 Prozent der Erklärungen sind unvollständig, unrichtig oder überprüfungsbedürftig
Die Grundsteuerreform beschäftigt seit Monaten die Besitzer von insgesamt 6,7 Millionen Liegenschaften in NRW. Die FDP-Landtagsfraktion hat jetzt eine Große Anfrage mit rund 200 Einzelfragen an die schwarz-grüne Landesregierung gerichtet, um ein besseres Lagebild zu bekommen und Rechtsfolgen für die Steuerpflichtigen zu beleuchten. FDP-Fraktionsvize Ralf Witzel zeigte sich am Montag enttäuscht vom bisherigen Umgang von Finanzminister Marcus Optendrenk (CDU) mit der Reform, die durch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts im Frühjahr 2018 notwendig geworden war: „Er ist intelligent und erfahren genug zu wissen, dass man das besser organisieren kann.“ NRW sei bundesweites Schlusslicht beim Eingang der Erklärungen. Noch immer habe ein Drittel der Grundbesitzer die Unterlagen nicht eingereicht. Von den eingegangenen Erklärungen seien wiederum 45 Prozent unvollständig, unrichtig oder überprüfungsbedürftig. Es gibt bereits 187.000 Einsprüche der Bürger, Witzel rechnet mit einem „Vielfachen“.
Die FDP spricht von einer „bürokratischen Zumutung“. Es herrsche überdies Rechtsunklarheit wegen drohender Sanktionen bei nicht fristgerechter Abgabe sowie unkorrekter Festsetzung des Grundsteuermessbetrages durch das Finanzamt. Witzel forderte Optendrenk zu einem Erlass auf, der eine doppelte Klarstellung beinhaltet. Erstens: Wer es nicht schafft, die Grundsteuererklärung abzugeben, bekommt „Hilfe statt Strafe“. Zweitens: Wer keinen Einspruch eingelegt hat, soll trotzdem von späteren Grundsatzurteilen profitieren. Verschiedene Klagen – etwa gegen die Privilegierung von Genossenschaftswohnungen bei der Grundsteuerberechnung – sind bereits angekündigt.