Düsseldorf. Die Lehren des NRW-Gesundheitsministers aus der Pandemie: Alte nicht isolieren, Kliniken als Schatz begreifen, solidarisch sein.

Am letzten Tag einer Corona-Schutzverordnung in NRW und fast genau drei Jahre nach dem ersten Coronafall im Land zog Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) eine Pandemie-Bilanz. Sie fiel nicht nur bitter aus: „Deutschland und NRW waren nicht die schlechtesten Orte, um diese Pandemie zu durchleben!“

Es war die 129. Pressekonferenz der Landesregierung in drei Jahren zur Corona-Pandemie, und der Gesundheitsminister begann, wie sonst auch, mit einem Blick auf die Infektionslage: „Wir haben zurzeit in NRW rund 4000 Menschen mit oder wegen Covid in den Krankenhäusern. Nur 311 liegen auf der Intensivstation, nur 109 werden beatmet. Diese Zahlen hätte ich vor zwei Jahren gerne gehabt“ Aus der „Corona-Schalte“ der Länder hieß es am Dienstag, es gebe regionale „Karnevals-Coronawellen“. Eine verlässliche Inzidenz-Messung sei heute allerdings nicht mehr möglich, weil die Daten aus den Testzentren fehlten, erklärte Laumann.

Über die Corona-Schutzverordnungen:

114 Schutzverordnungen gab es in NRW. Sie regelten, wie viele Menschen sich wo treffen durften, wer sich wann testen lassen musste oder unter welchen Bedingungen Kneipen öffnen durften. 1235 Gerichtsverfahren gegen diese Schutzverordnungen gab es, aber in nur zehn Fällen unterlag das Land vor Gericht. Laumann wertet dies als Beleg dafür, dass die Verhältnismäßigkeit der Corona-Maßnahmen immer gewahrt gewesen sei. „Ich sehe keine persönlichen Fehler. Wir haben jede Verordnung nach bestem Wissen und Gewissen gemacht.“

Die 114. Fassung läuft an diesem Mittwoch aus und wird nicht verlängert. Für die Bürger bedeutet das, dass sie nur noch wenige Schutzmaßnahmen nach dem Bundesinfektionsschutzgesetz zu beachten haben, nämlich die Maskenpflicht für Besucher in Krankenhäusern, Pflegeheimen, Arztpraxen und vergleichbaren Einrichtungen. Laumann geht davon aus, dass auch dieses Gesetz nur noch bis zum 7. April gilt und darüber hinaus nicht mehr verlängert wird.

Über das Impfen:

Zuletzt wurden in NRW nur noch etwa 10.000 Corona-Impfungen in der Woche gezählt. Die Bürgerinnen und Bürger sollten sich aber weiter schützen, so Laumann: „Ich glaube, dass es gut ist, wenn sich die Menschen, insbesondere die vulnerablen Gruppen, einen guten Impfschutz bewahren.“ Zu Beginn der Pandemie, als der Impfstoff noch knapp war, seien die Impfzentren „unverzichtbar“ gewesen. Corona habe zudem gelehrt, dass überraschend viele Menschen keinen Hausarzt hätten. Auch sie profitierten im Pandemiefall von einem öffentlichen Impf-Angebot. Eine Kombination aus öffentlichen Impfstellen und den Angeboten niedergelassener Mediziner sei vernünftig.

Über die Rolle der Kliniken und die Lehren aus der Pandemie:

„Ich bin heilfroh, dass wir während der gesamten Pandemie in NRW in der Lage waren, jedem Menschen, der es brauchte, eine Krankenhausbehandlung geben zu können. Wir waren auch in der Lage, Menschen aus anderen Bundesländern sowie aus den Niederlanden und Italien zu behandeln. Das macht deutlich, dass wir mit unseren Krankenhäusern und den Menschen, die dort arbeiten, einen großen Schatz haben, der gut funktioniert hat“, sagte Laumann

Eine der Lehren aus der Pandemie sei, dass das Land starke Kliniken brauche, genügend Mediziner und Pflegekräfte. Eine weitere Lehre sei diese: „Wir müssen den Pandemieplan überarbeiten und daraus einen modernen, die Erfahrungen mit Corona berücksichtigenden Plan machen. Außerdem brauchen wir starke Gesundheitsämter in den Kommunen.“

Über das Problem „Long Covid“ wisse man auch drei Jahre nach dem Beginn der Pandemie leider noch viel zu wenig. Die Betroffenen benötigten eine bessere medizinische Versorgung.

Große Hoffnungen setzt Laumann auf das „Abwasser-Screening“. Es könne dazu beitragen, Ansteckungsgefahren schneller aufzuspüren.

Über die Kontaktbeschränkungen:

Bei diesem Thema ist Laumann nachdenklich, vor allem mit Blick auf die Pflegeheime: „Wir hatten eine hermetische Abriegelung der Heime. Ich sehe das jetzt nicht so, dass ich da eine persönliche Verantwortung habe, aber im Nachhinein muss man sagen, dass sich Dinge abgespielt haben, die man nicht wieder gutmachen kann. Es sind Menschen gestorben, ohne dass die Angehörigen dabei sein konnten.“

NRW zwingt jetzt die Heime per Erlass, zum „regulären Alltag“ zu kommen. Eigenmächtige Besuchsregelungen dürfe es nicht mehr geben.

Gerade zu Beginn der Pandemie, als es noch keine Impfstoffe gab, sei es nur über Kontaktbegrenzungen möglich gewesen, Ansteckungen zu verhindern, so Laumann. NRW schränkte Kontakte im Sport, in der Kultur und bei Festveranstaltungen ein, aber auch – besonders umstritten – in Schulen und Kitas. Dahinter habe die Überlegung gesteckt, große Teile der gewerblichen Wirtschaft unangetastet zu lassen. Nach Laumanns Einschätzung eine „nachvollziehbare“ Haltung.

Wie geht es weiter?

„Wie werden mit Corona umgehen, wie wir es mit anderen Infektionswellen machen“, sagte der Minister. Es werde stets ein Auf und Ab geben, Covid-19 sei zwar nun ein Lebensbegleiter, dennoch könnten die Menschen jetzt wieder so leben wie zuvor. Ihn persönlich habe der Kampf gegen Corona „schon ein bisschen verändert“ Schwere Monate habe er erlebt, „in denen man große Sorge hatte, ob das Gesundheitssystem standhält.“

Zahlen zu Corona in NRW:

In NRW wurden bisher fast 31.200 von Laboren bestätigte Todesfälle im Zusammenhang mit Corona gezählt. 0,39 Prozent der Infektionen endeten den Behörden zufolge tödlich.

Mehr als acht Millionen Corona-Fälle wurden in NRW bekannt. Das sind 44.668 Fälle pro 100.000 Einwohner.

In NRW wurden bisher mehr als 43,8 Millionen Corona-Impfungen verabreicht, die meisten – 25,3 Millionen – von niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten.

Die stärkste Impfwoche war die 50. Kalenderwoche 2020 mit rund 1,75 Millionen Immunisierungen.

Es wurden in NRW rund 33,5 Millionen PCR-Tests und mehr als 252 Millionen Corona-Schnelltestes durchgeführt.

Das Land hat bis 2022 insgesamt 13,1 Milliarden Euro aus dem „Rettungsschirm Corona“ ausgegeben. Dazu kamen rund 23 Milliarden Euro vom Bund.