Düsseldorf. Die Kliniken in NRW schlagen Alarm. Bieten bald nur noch 83 statt 271 Krankenhäuser eine Notfallversorgung an?

Die Krankenhausgesellschaft NRW (KGNW) warnt vor möglicherweise drastischen Einschnitten bei der Notfallversorgung. „Die von der Regierungskommission des Bundes unterbreiteten Vorschläge sollten an die gewachsenen regionalen Angebote anknüpfen und sie nicht jäh ausbremsen“, sagte KGNW-Geschäftsführer Matthias Blum dieser Redaktion.

Notfallzentren und Leitstellen

Der Hintergrund: Die Zentralen Notaufnahmen vieler Krankenhäuser sind überlastet, weil dort immer mehr Patientinnen und Patienten Hilfe suchen, die nach Ansicht von Medizinern dort nicht hingehörten. Der Bund plant daher, die Notfallversorgung völlig neu aufzustellen: Nur ein Teil der Kliniken sollen so genannte „Integrierte Notfallzentren“ bekommen. Außerdem sollen „Integrierte Leitstellen“ eingerichtet werden, die Bürger in Notfällen über die bekannten Rufnummern 112 oder die 116117 anrufen oder online kontaktieren könnten. Diese Leitstellen schicken die Betroffenen dorthin, wo ihnen dem Notfall entsprechend optimal geholfen wird, so der Plan.

Werden die Wege zur Notaufnahme bald länger?

Die Idee, Leitstellen einzurichten, wird von den Kliniken in NRW begrüßt. Der Aufbau der Integrierten Notfallzentren hätte allerdings für NRW harte Folgen, so die KGNW: Heute gebe es in NRW insgesamt 271 Kliniken mit einer Notfallversorgung. Sollte der Bund seine Pläne verwirklichen, dann wären es nur noch 83, rechnet die KGNW vor. Das beruhigende Gefühl, man könne im Notfall einfach ins nächstgelegene Krankenhaus gehen, wäre dann wohl passé.

„Gerade in ländlichen Regionen gilt es, für die Patientinnen und Patienten eine erreichbare Versorgung sicherzustellen. Deshalb würde die geplante Bindung von Notaufnahmen an wenige Krankenhausstandorte große Versorgungslücken reißen“, meint Matthias Blum.

Immer mehr Menschen nutzen die Dienste der Notaufnahmen

Dass es so, wie es jetzt läuft, nicht weitergehen kann, wissen alle Beteiligten. Die Schlangen vor den Notaufnahmen werden von Jahr zu Jahr länger. Laut der Expertenkommission des Bundes stieg die Zahl der in Krankenhäusern behandelten Notfallpatienten zwischen 2009 und 2019 um 28 Prozent auf 19,1 Millionen.

Häufig werden Krankenwagen von Kliniken abgewiesen. Im vergangenen Jahr „mussten 77 Prozent der Kliniken in Deutschland ihre Notfallambulanzen mindestens einmal komplett abmelden“, meldete jüngst die Deutsche Krankenhausgesellschaft. An Mittwoch- und Freitagnachmittagen sei die Lage besonders schlimm. Jede dritte Klinik beschreibt die Personallage in den Notaufnahmen als „sehr angespannt“.

Jede Notaufnahme ist ein Verlustgeschäft

Das Deutsche Krankenhaus Institut (DKI) spricht als Dachverband von Klinikbetreibern und Klinikärzten von einer „desaströsen wirtschaftlichen Lage“ der Notaufnahmen. Offenbar arbeitet keine einzige Notaufnahme in Deutschland kostendeckend.

„Die Notfallambulanzen schwächen die wirtschaftlich bereits stark belasteten Kliniken zusätzlich“, sagte Matthias Blum. Der Bund lasse bisher offen, wie dieses Problem gelöst werden könne.