Düsseldorf. NRW-Bauministerin Ina Scharrenbach (CDU) lässt im U-Ausschuss zur Flutkatastrophe sämtliche Fragen an sich abprallen.

Zum Schluss setzt ihr die SPD-Opposition ein Ultimatum und droht mit dem Gang zum Verfassungsgerichtshof: NRW-Bauministerin Ina Scharrenbach (CDU) soll bis zum heutigen Dienstag dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA) Dokumente aus ihrem Hause zur Hochwasserkatastrophe im Sommer 2021 vorlegen, forderte René Schneider, Obmann der SPD-Fraktion, am Ende einer zweieinhalbstündigen Befragung.

Bisher habe es von ihr lediglich „Mini-Aktenlieferungen“ gegeben. „Das ist ihre letzte Chance“, warnte Schneider die Ministerin. Die 46-Jährige war zuvor im Ausschuss allerdings nicht wie eine Zeugin aufgetreten, die sich von Drohungen und Ultimaten beeindrucken lässt.

Von Demut keine Spur

Zum dritten Mal war Scharrenbach am Montag Zeugin in einem PUA „Hochwasserkatastrophe“, und einmal mehr stellte sie die parlamentarische Welt dort auf den Kopf. Anstatt, wie in solchen Situationen üblich, in Demut Fragen zu beantworten, belehrte sie den Ausschuss ein ums andere Mal über dessen Untersuchungsauftrag: Der PUA solle mögliche Fehler der Landesregierung „während“ der Flut untersuchen, zitierte sie aus dem Auftrag.

Für Scharrenbach sind damit aber nur der 14., 15. und vielleicht noch der 16. Juli 2021 gemeint. Außerdem gehe es um die „Bewältigung“ der Hochwasserkatastrophe. Ihre Aufgabe im Zusammenhang mit der Jahrhundertflut habe aber erst danach begonnen und beziehe sich zudem nur auf Fragen des Wiederaufbaus.

"Duell" Scharrenbach gegen Schneider

Mit diesen Argumenten zeigte sie dem Ausschuss wie zuvor schon in einer Sitzung am 14. Februar die kalte Schulter. Mit jeder ihrer schmallippigen, oft nur aus einem Satz bestehenden Antworten ließ Scharrenbach die PUA-Mitglieder spüren und hören, dass sie ihrer Ansicht nach gar nicht auf diesen Zeugenstuhl gehöre. Die SPD sieht das anders. Sie klammert sich an eine andere Passage aus dem Auftrag: Der Untersuchungszeitraum erstrecke sich demnach „auf die Zeit vom 9. Juli bis 9. September 2021“.

Weil CDU, Grüne, FDP und AfD auf Fragen verzichteten, hatte Scharrenbach mit René Schneider nur einen Gegenspieler. Der wirkte wie ein Boxer, der zwar immer wieder beherzt angreift, aber fast nie hinter die Deckung kommt. Nur einmal gelang ihm ein harter Treffer. Als Scharrenbach ihm vorhielt, er könne Antworten auf seine Fragen in den PUA-Unterlagen finden, konterte Schneider: „Ja, wir haben Unterlagen, aber keine einzige von Ihnen.“

Die Ministerin lässt sich nicht "grillen"

Ina Scharrenbach verfügt über Erfahrung mit U-Ausschüssen. Als CDU-Obfrau im Ausschuss zur Kölner Silvesternacht setzte sie die frühere NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft sowie Ex-Innenminister Ralf Jäger (beide SPD) vor der Landtagswahl 2017 massiv unter Druck. „Grillen“ nennt man die zum Teil stundenlangen PUA-Befragungen im Parlamentsjargon. Die Zeugin Ina Scharrenbach lässt sich selbst nicht grillen. Mit Scharrenbachs Standpunkt, sie gehöre gar nicht hierhin, stand die Opposition etwas ratlos vor einem Haufen nasser Kohle, um im Bild zu bleiben.

Vergeblich versuchte Schneider, mögliche Unstimmigkeiten zwischen Scharrenbach und dem früheren Sonderbeauftragten für den Wiederaufbau in NRW, Fritz Jaeckel, herauszuarbeiten. Jaeckel war am Montag kurz vor Scharrenbach im PUA befragt worden, und er gab sich dort viel auskunftsfreudiger als die Ministerin. Auf die Frage, wie sich der vom früheren Ministerpräsidenten Armin Laschet (CDU) berufene Sonderbeauftragte mit ihr dienstlich ausgetauscht habe, erwiderte Scharrenbach spitz: „Persönlich, telefonisch - wie Menschen miteinander umgehen in solchen Lagen. Bei mir geht alles. Meine Tür steht immer offen.“

U-Ausschuss verkommt zum Schluss zur Farce

Während nun die SPD die „Methode Scharrenbach“ anprangert und ihren Auftritt im PUA eine „Zumutung“ nennt, dringt die CDU auf ein schnelles Ende der Beweisaufnahme. Nur so könne es gelingen, bis zum Sommer einen Abschlussbericht vorzulegen. Die Drohung, Scharrenbach wegen des Zurückhaltens von Dokumenten vor Gericht zu zerren, sei nur ein „inszeniertes Schauspiel“, meinte Thomas Schnelle (CDU).

Der Untersuchungsausschuss scheint sich unterdessen zur Farce zu entwickeln, zerrieben zwischen Spitzfindigkeiten, Wortklaubereien und dem Wunsch, möglichst wenig Wissen preiszugeben. Er sollte eine der größten Naturkatastrophen der Landesgeschichte mit insgesamt 49 Todesopfern und Schäden in Milliardenhöhe aufarbeiten. Zum Schluss gelingt ihm das nicht mehr. Aufklärung? Fehlanzeige.