Düsseldorf. Energiekrise, Inflation, Fachkräftemangel belasten die Betriebe. Bund und Land sollen helfen. Ruf nach Altschuldenlösung wird lauter.

Das unter hohen Energiepreisen, Inflation, Fachkräftemangel und brüchigen Lieferketten leidende NRW-Handwerk fordert mehr Hilfe von der Landes- und der Bundesregierung.

Gerade energieintensive Gewerke wie Bäckereien und Textilreiniger sowie der gesamte Bausektor seien „enorm belastet“, sagte Andreas Ehlert, Präsident von Handwerk NRW, am Freitag bei der Jahrespressekonferenz dieses Dachverbandes. Allein in den so genannten „Klimaberufen“ sei das Geschäftsklima derzeit gut. Das sind Berufe, die für die Energiewende wichtig sind, zum Beispiel Elektriker, Sanitär- und Heizungsexperten sowie Fassadenbauer und Dachdecker.

Furcht vor Steuererhöhungen

Die Wunschliste des Handwerks an die schwarz-grüne Landesregierung für das Jahr 2023 ist lang. So müsse in NRW schnell eine Lösung für die hoch verschuldeten Kommunen her. Ohne eine „auskömmliche Finanzausstattung“ könnten sich Städte genötigt sehen, die Grund- und Gewerbesteuer weiter zu erhöhen. Auch bei der Grunderwerbsteuer sei NRW nach wie vor „Höchststeuerland“, kritisierte Ehlert. Energie müsse wieder bezahlbar, Planungs- und Genehmigungsverfahren müssten beschleunigt, Gewerbeflächen gefunden und die Digitalisierung der Verwaltung vorangetrieben werden.

Viele Syrer und Afghanen lernen ein Handwerk

Kopfzerbrechen bereitet dem Handwerk der sich verschärfende Fachkräftemangel. Es müssten mehr Arbeitskräfte aus dem Ausland angeworben und möglichst schon in ihren Herkunftsländern berufspraktisch und sprachlich für eine Tätigkeit in Deutschland qualifiziert werden. Einen Lichtblick beschrieb Ehlert in diesem Zusammenhang: Inzwischen zähle das NRW-Handwerk viele leistungswillige syrische und afghanische Auszubildende. Sie seien inzwischen zahlreicher als Lehrlinge mit türkischem Pass. Auch viele Geflüchtete aus der Ukraine zeigten Interesse an einer Ausbildung und Beschäftigung im Handwerk.

In der Bildung erwartet das Handwerk von der Landesregierung eine „Qualitätsoffensive“ für die Kernkompetenzen Lesen, Schreiben und Rechnen, um Schulabgängern den Start in den Beruf zu erleichtern.

Warum richten sich die Blicke im Gymnasium fast immer nur aufs Studium?

Bei der Berufsvorbereitung in den Schulen in NRW fehle nach wie vor das Gleichgewicht zwischen akademischer und beruflicher Laufbahn. „Gerade in den Gymnasien funktioniert das leider nicht gut“, so Ehlert. Allzu häufig richte sich der Blick dort aufs Studium. Das renommierte NRW-Programm „Talentscouting“, in dem leistungswillige junge Menschen auch aus bildungsfernen Haushalten gefördert werden, müsse „breiter aufgestellt werden“ für die Berufe des Handwerks. Die Werbekampagne der Branche greift diese Haltung überspitzt auf mit Sprüchen wie: „Was gegen Handwerk spricht? Meine Akademikereltern.“

Auch die jungen Aktivistinnen und Aktivisten von Fridays für Future sollten sich Gedanken über eine Karriere im Handwerk machen, schlägt der Verbandspräsident vor. „Deren Ziel und unser Ziel ist der Kampf gegen den Klimawandel.“