Essen. Steigende Kreditzinsen setzten besonders die mit hohen Altschulden belasteten Ruhrgebietsstädte unter Druck. Das Land soll helfen.
Angesichts der gestiegenen Kreditzinsen wächst in den hoch verschuldeten Städten des Ruhrgebiets die Sorge, die in jüngster Zeit mühsam zurückgewonnenen Spielräume für Investitionen etwa bei Gebäudesanierungen oder in die Infrastruktur wieder zu verlieren. „Bei den Altschulden sitzen wir auf einem Pulverfass. Und da die Zinsen weiter steigen werden, wird die Zündschnur immer kürzer“, sagte Bochums Oberbürgermeister Thomas Eiskirch am Donnerstag bei der Präsentation des Kommunalfinanzberichtes des Regionalverbandes Ruhr (RVR).
Schwarz-Grün solle endlich "Gas geben"
Der SPD-Politiker richtete einen dramatischen Appell an Bund und Land. „Noch in diesem Jahr“ müsse eine Lösung auf den Weg gebracht werden, die die Kommunen dauerhaft in der Schuldenfrage entlaste. Besonders die schwarz-grüne NRW-Regierung sieht Eiskirch in der Pflicht, in der Altschuldenfrage „endlich Gas zu geben“.
Zinslast könnte auf insgesamt 400 Millionen Euro klettern
Eiskirch, der auch Vorsitzender des RVR-Kommunalrates der Revier-OB und -Landräte ist, geht für alle 222 in NRW betroffenen Schuldenstädte von einer drohenden Zinslast in Höhe von insgesamt 400 Millionen Euro aus. „Jeder Zinsschritt um einen Prozent kostet die Städte 200 Millionen Euro“, sagte er. Aktuell profitieren die Städte noch von der Null-Zins-Politiker der vergangenen Jahre. Doch viele Zinsbindungen laufen demnächst aus oder sind es bereits. Der Bochumer OB rechnet daher mittelfristig mit einen Zinsniveau bei Kommunalkrediten von etwa zwei Prozent.
Problem des Ruhrgebiets
Die erwarteten Mehrbelastungen dürften wegen der ungleichen Schuldenverteilung innerhalb des Landes vor allem zum Problem des Ruhrgebiets werden. Denn hier konzentrieren sich mehr als zwei Drittel aller kommunalen Altschulden. Insgesamt stehen die Revierstädte bei diesen nicht durch Investitionen gesicherten Krediten mit über zwölf Milliarden Euro in der Kreide.
Hintergrund der besorgniserregenden Zahlen ist auch eine Analyse der RVR-Finanzbericht-Autoren um den Kommunalfinanzexperten Prof. Martin Junkernheinrich. Demnach ist es den Städten im Ruhrgebiet seit 2016 zwar gelungen, einen kleinen Teil der in Jahrzehnten auch als Folge des Strukturwandels aufgetürmten Kassenkredite zu tilgen. Auch sei der noch vor Jahresfrist erwartetet Absturz der Kommunalfinanzen 2022 ausgeblieben. Die Haushaltslage der Revierstädte entwickelte sich trotz Energiepreisexplosion und Inflation überraschend robust.
Altschuldenberg ragt auch bundesweit heraus
Dennoch ragt der Altschuldenberg des Reviers auch bundesweit heraus. Im Durchschnitt der deutschen Flächenländern beträgt die Schuldenlast 485 Euro pro Einwohner, im Ruhrgebiet sind es rund 2500 Euro. Auch Finanzexperte Junkernheinrich mahnt deshalb zur Eile: „Die Lösung des Altschuldenproblems ist mehr als überfällig.“