Düsseldorf. Die Vorsitzende der Grünen Jugend in NRW, Nicola Dichant, befürchtet einen Vertrauensverlust der Grünen wegen Lützerath.
Während die grünen Landesminister und die beiden Fraktionschefinnen der Grünen im Landtag die Entscheidung, Lützerath zu räumen, verteidigen, bleibt die Grüne Jugend in NRW bei ihrer ablehnenden Haltung: Die Vorsitzenden Nicola Dichant und Rênas Sahin unterstützen die Aktivisten vor Ort. Warum, erklärt Dichant im Gespräch mit Matthias Korfmann.
Frau Dichant, warum demonstrieren Sie in Lützerath?
Dichant: „Jede Tonne CO2, welche in der Energiekrise zusätzlich ausgestoßen wird, muss durch noch ambitionierteren Klimaschutz in den nächsten Jahren wieder eingespart werden, das erwarten wir von grüner Regierungsbeteiligung auf Bundes- und Landesebene. Damit ist für uns klar: Wenn wir die 1,5 Grad Grenze einhalten wollen, muss die Kohle unter der Erde und Lützerath erhalten bleiben. Deswegen sind auch wir jetzt in Lützerath und stehen für den Erhalt ein.“
Welchen Eindruck haben Sie vom Geschehen vor Ort?
Dichant: Es sind viele Aktivisten hier, die friedlichen Widerstand leisten und versuchen, die Räumung zu stoppen. Leider berichten viele von ihnen, dass die Polizei am Morgen recht aggressiv vorgegangen sei. Ich selbst habe Schmerzgriffe durch die Polizei gesehen. Aktivisten, die im Kessel sind, müssen ihre Personalien angeben. Demo-Sanitäterinnen, die im Dorf waren, mussten auf Anweisung der Polizei das Dorf verlassen.
Es heißt, dass Steine und Molotowcocktails auf Polizisten geworfen worden sein sollen. Haben Sie selbst solche Szenen beobachtet?
Dichant: Nein, das habe ich nicht gesehen.
Wir konnten es schon beim Bundesparteitag der Grünen sehen: Die Abbaggerung von Lützerath ist in Ihrer Partei umstritten. Ein Antrag dagegen scheiterte nur knapp. Droht den Grünen eine Spaltung wegen Lützerath?
Dichant: Es gibt zwar bei den Grünen viele, die unzufrieden sind wegen Lützerath, aber Ich sehe keine echte Spaltungsgefahr in der Partei.
Laufen die Grünen Gefahr, die Unterstützung ihrer bisher treuen Verbündeten außerhalb der Partei zu verlieren, zum Beispiel die von Beispiel Fridays for Future und von großen Umweltverbänden?
Dichant: Es stimmt, viele Menschen, die sich für den Klima- und Umweltschutz engagieren, sind von den Grünen enttäuscht, vor allem Jüngere. Ich glaube, dass die Grünen in den kommenden Jahren zeigen müssen, wie man gute Klimaschutzpolitik macht, um verlorenes Vertrauen wieder zurückzugewinnen.
Die Rechtslage ist klar: Lützerath darf geräumt werden. Ist es aus Ihrer Sicht in Ordnung, solche Entscheidungen nicht zu akzeptieren?
Dichant: Ziviler Ungehorsam ist in einer Demokratie ein wichtiges Mittel. Das 1,5 Grad-Ziel ist so entscheidend, dass der Ungehorsam in Ordnung ist. Die Grüne Jugend wird sich weiter an den Aktionen in und um Lützerath beteiligen, und wir würden uns auch wegtragen lassen, wenn es sein muss.