Dass demokratische Beschlüsse den Klimaaktivisten egal sind, ist bitter. Aber angesichts politischer Bigotterie nicht verwunderlich.

Noch ist unklar, wie lange der bundesweit beachtete Räumungseinsatz in Lützerath dauern und welchen Preis er auf beiden Seiten der Barrikade einfordern wird. Schon jetzt ist aber klar, dass es den Klimaaktivisten gelungen ist, ein verwaistes Sieben-Häuser-Dorf am Rande des rheinischen Braunkohle-Kraters zum Fanal der Erderwärmung zu machen. Vor allem haben sie den Regierungsgrünen in Berlin und Düsseldorf die Frage aufgezwungen, ob sie eigentlich noch Teil dieser Bewegung sein wollen und können.

Im Taumel jüngster Wahlerfolge glaubten deren Spitzenvertreter, mit dem Energiekonzern RWE einen soliden Kompromiss ausgehandelt zu haben zwischen Versorgungssicherheit im Ukraine-Dilemma und dem Klimaschutz im Schatten des Pariser Abkommens. Inzwischen müssen sie erkennen, dass weder ihr Pragmatismus noch Dutzende Entscheidungen von Parlamenten und Gerichten, geschweige denn die Vollzugszwänge der Polizei von der „Lützi bleibt“-Szene respektiert werden. Das ist bitter in einem demokratischen Rechtsstaat, aber so verwunderlich auch wieder nicht. Die Grünen werden halt die Geister, die sie selbst riefen, nicht mehr los.

Sie sind 2018 auf der „Hambi bleibt“-Welle mitgesurft, obwohl genau das den Druck auf Lützerath im benachbarten Tagebau Garzweiler II erhöht hat. Sie sind im Wahlkampf hinter dem gelben Kreuz von „Ende Gelände“ mitmarschiert, wollten lieber Kohle als AKWs und haben das Klimaschutzurteil aus Karlsruhe gefeiert. Blöd nur, dass sich eine bestens vernetzte Generation Z daran erinnert. Gewiss entscheidet sich das 1,5 Grad-Ziel nicht in Lützerath. Es ist ein Symbol. Doch das waren grüne Gründungsmythen wie NATO-Doppelbeschluss, Startbahn West oder Gorleben auch.