Düsseldorf. Die Entfremdung zwischen der Klimabewegung und der Öko-Partei wird vor dem Polizei-Großeinsatz im Braunkohle-Revier immer schroffer.
Der bevorstehende Polizei-Großeinsatz zur Räumung des Braunkohle-Protestdorfs Lützerath in Erkelenz führt zu einer immer rascheren Entfremdung der Klimabewegung von den nordrhein-westfälischen Grünen. Bei einer kurzfristig angemeldeten Demonstration kippten am Dienstag Aktivisten von „Fridays for Future“ einen Haufen Kohle vor die Landesgeschäftsstelle in der Düsseldorfer Innenstadt. Ein Gesprächsangebot des neuen Co-Vorsitzenden der NRW-Grünen, Tim Achtermeyer, wurde abgelehnt.
„Man hätte gehofft, dass das eine Partei ist, die die ökologischen Grenzen auch einer Regierungspolitik zieht und dann verteidigt“, sagte Klimaaktivistin und Grünen-Mitglied Luisa Neubauer im „Deutschlandfunk“. Der Landesgeschäftsführer der Umweltorganisation BUND, Dirk Jansen, äußerte im „Neuen Deutschland“ ebenfalls scharfe Kritik: „Das kann, glaube ich, nicht der Anspruch von Grünen an eine transparente und faktenbasierte Klimaschutzpolitik sein.“
Kohledeal mit RWE empört die Klimabewegung
Vor allem die neue NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (Grüne) stößt in der Umweltbewegung auf immer größere Ablehnung, weil sie im vergangenen Herbst einem „Kohledeal“ mit dem Essener RWE-Konzern zugestimmt hatte. Dieser besagt, dass zwei eigentlich zur Stilllegung angemeldete Kraftwerksblöcke in Neurath länger laufen dürfen und die Kohle unter Lützerath noch abgebaggert werden darf. Im Gegenzug wird die Kohleverstromung 2030 eingestellt.
Neubaur hatte mit der Energieversorgungssicherheit in diesem und im nächsten Winter argumentiert und auf die eindeutige Rechtslage verwiesen. Klimaschützer werfen der Ministerin dagegen eine Argumentation mit RWE-Zahlen vor und verweisen auf Gegengutachten, die eine Notwendigkeit der Lützerath-Kohle bestreiten. Aktivistin Neubauer wirft der Partei eine Missachtung des Pariser Klimaabkommens vor und setzt auf „eine Zivilgesellschaft, die ohne die Grünen-Spitze weitermacht“.
Wieder Zusammenstöße mit Polizei in Lützerath
Bereits am Dienstag kam es in Lützerath bei vorbereitenden Arbeiten erneut zu Zusammenstößen zwischen der Polizei und mehreren Hundert Aktivisten, die das verwaiste Dorf am Tagebaurand seit Monaten besetzt halten. Erstmals sind die Grünen dabei in zentraler politischer Verantwortung für Räumung, Abriss und Rodung der Ortschaft. Noch 2018 hatte die Partei beim letzten großen Kampf um das Rheinische Revier im Hambacher Forst auf der Seite der Demonstranten gestanden. Wirtschaftsminister Neubaur demonstrierte selbst im Herbst 2021 noch für den Erhalt von Lützerath.
Es wird bis Ende Februar mit einem der größten Polizeieinsätze seit Jahren gerechnet. Das Polizeipräsidium Aachen hat Spezialisten und Hundertschaften aus ganz Deutschland zusammengezogen. NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) rief zum friedlichen Abzug auf: „Ich glaube, es ist jetzt an der Zeit, dass diejenigen, die für das Klima sich einsetzen, sich von diesen Krawallmachern endgültig distanzieren.“