Düsseldorf. Nach dem Tod eines 16-jährigen Afrikaners in Dortmund durch Schüsse aus einer Polizei-Maschinenpistole drängt das Thema in den Landtag.
Nach dem Tod eines 16-jährigen Afrikaners in Dortmund durch fünf Schüsse aus einer Polizei-Maschinenpistole ist eine politische Debatte über die Angemessenheit der Einsatzstrategie entbrannt. Der Bochumer Kriminologe Prof. Thomas Feltes übte harsche Kritik: „Warum wurde dort eine Maschinenpistole eingesetzt? Das ist überhaupt nicht nachvollziehbar“, sagte Feltes am Mittwoch der dpa.
Grünen-Landtagsfraktionschefin Verena Schäffer mahnte dagegen zunächst eine gründliche Untersuchung an: „Erst danach ist eine sachlich fundierte Bewertung des Einsatzes und das Ziehen möglicher Konsequenzen möglich“, sagte Schäffer unserer Redaktion. Die wichtigste Aufgabe der Polizei sei es, Menschenleben zu schützen – „unabhängig von Hautfarbe und Herkunft“.
Schwarz-Grün uneinig beim Einsatz von Tasern
Die SPD-Opposition im Landtag forderte Innenminister Herbert Reul (CDU) auf, umgehend das Parlament zu unterrichten. Am Montag war die Polizei zu einer Jugendhilfeeinrichtung in den Dortmunder Norden gerufen worden. Ein aus dem Senegal stammender 16-Jähriger, der kürzlich als alleinreisender Flüchtling aus Mali nach Deutschland gekommen sein soll, hantierte nach Angaben eines Betreuers im Hof mit einem 15 bis 20 Zentimeter langen Messer. Laut Staatsanwaltschaft hatte der Jugendliche psychische Probleme und war zuvor schon einmal in einer Psychiatrie vorstellig geworden.
Die Polizei rückte nach Angaben aus Sicherheitskreisen sofort mit dem starken Aufgebot von zwölf Kräften an. Als sich der 16-Jährige trotz des Einsatzes von Pfefferspray und des zweimaligen Abfeuerns von Taser-Elektroden weiter auf die Beamten zubewegte, muss der eingeteilte 29-jährige Sicherungsbeamte aus dem Hintergrund sechsmal geschossen haben. Auf größere Distanzen ist eine Maschinenpistole präziser als die normale Dienstwaffe Walther P99. Fünf Kugeln trafen den Jugendlichen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen den Polizisten wegen des Verdachts der Körperverletzung mit Todesfolge.
Seit den Pariser Anschlägen gehört die MP in den Streifenwagen
Nach den Pariser Terroranschlägen von 2015 wurden die Streifenwagen in NRW mit Maschinenpistolen ausgestattet. Die MP5 kommt nicht nur bei Terrorlagen zum Einsatz. Das Abfeuern von automatischen Salven sei jedoch nicht erlaubt, hieß es in Sicherheitskreisen. Grundsätzlich gelte, dass Schusswaffen gegen Personen nur eingesetzt werden, um eine Gefahr für Leib oder Leben abzuwehren, so das Innenministerium.
„Die Polizistinnen und Polizisten vor Ort müssen entscheiden, welche Waffen sie einsetzen“, sagte Michael Maatz, stellvertretender Landesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP), unserer Redaktion. Zu klären sei, warum der Taser keine ausreichende Wirkung hatte. Pikant: Die schwarz-grüne Landesregierung streitet aktuell darüber, ob die Elektroschockgeräte ein taugliches Einsatzmittel sind.
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Die Polizei trat Spekulationen entgegen, der Dortmunder Einsatz könnte nicht neutral aufgearbeitet werden. Die Ermittlungen führt das Polizeipräsidium Recklinghausen – allerdings ermitteln zurzeit parallel die Dortmunder Kollegen im Fall eines jüngst tödlich verlaufenen Einsatzes im Kreis Recklinghausen. GdP-Vize Maatz sprach von „gängiger Praxis“. Zudem sei immer die Staatsanwaltschaft Herrin des Verfahrens.