Düsseldorf. CDU und Grüne sprechen am Dienstag über Klimaschutz, Polizei, Verkehrswende, Schule: Wächst da wirklich zusammen, was zusammengehört?
Der Wille von CDU und Grünen zur Zusammenarbeit ist da. Aber vor der ersten „Sondierung“ werden die Unterschiede zwischen beiden sichtbar.
Klima-, Umwelt-, Naturschutz:
Die Grünen sagen, der pauschale Abstand von Windrädern zur Wohnbebauung müsse weg. Auf „alle geeigneten Dächer“ gehörten Solaranlagen, und alle vom Abraumbagger bedrohten Dörfer im Rheinischen Revier müssten bleiben. Bis 2035 wollen die Grünen die Stromversorgung zu 100 Prozent auf Erneuerbare Energien umstellen. Grün will den „Flächenfraß“ stoppen und den Anteil des Öko-Landbaus bis 2030 von sieben auf 30 Prozent steigern. Die CDU feiert hingegen die Mindestabstände von Windrädern zu Wohnhäusern als Errungenschaft („Das haben wir erreicht“). Landwirte benötigten Planungssicherheit. Beim Ausbau der Erneuerbaren könne NRW nicht „isoliert“ von Deutschland und Europa betrachtet werden.
Innere Sicherheit:
Die Grünen wollen das Versammlungsgesetz entschärfen: „Auch das Recht auf hör- und sichtbare Gegendemonstrationen schützen wir“, heißt es im Wahlprogramm. Die CDU-geführte Landesregierung habe eine „Kriminalisierung der Klimagerechtigkeitsbewegung sowie antifaschistischer Demonstrationen“ betrieben. Die Ausstattung der Polizei mit Elektroschockgeräten (Taser), die CDU-Innenminister Herbert Reul bis 2025 flächendeckend plant, lehnen die Grünen ab. Reuls Polizeigesetz von 2018 soll entschärft werden: „Präventive Freiheitseingriffe ohne eine konkrete Gefahrenlage lehnen wir ab“, heißt es bei den Grünen. Anlassunabhängige Kontrollen soll es nicht mehr geben. Die CDU-Fokussierung auf „Clans“ lehnen die Grünen ab und fordern eine Bekämpfung der Organisierten Kriminalität ohne Stigmatisierung und Show-Razzien.
Wohnen:
Die Grünen wollen, dass mindestens 30 Prozent aller neuen Wohnungen öffentlich gefördert werden. Zuletzt waren nicht einmal zehn Prozent aller Bestandswohnungen in NRW preisgebunden -- Tendenz stark abnehmend. Vor allem in beliebten Großstädten ist es für Investoren attraktiver, ohne öffentliche Förderung zu bauen und zum horrenden Marktpreis zu vermieten. Die Grünen wollen Flächen in öffentlicher Hand nicht mehr gegen Höchstpreis, sondern nach sozialem Konzept vergeben. Der Mieterschutz soll „deutlich“ ausgeweitet werden. Die CDU hält wenig von Markteingriffen. Die Mietpreisbremse wurde von Schwarz-Gelb nur noch in 18 Kommunen zugelassen. Wüst setzt auf mehr Neubauten, gezieltere Förderung, schnellere Genehmigungen: „Die wichtigste Antwort auf Wohnungsknappheit ist Wohnungsbau.“
Bildung:
Bei der Bildung gibt es zwar Gemeinsamkeiten zwischen Grün und Schwarz. Wüst hat zum Beispiel signalisiert, dass er mit der Angleichung der Eingangsbesoldung für alle Lehrer einverstanden ist. Auch, dass Kinder mehr Computer zum Lernen brauchen und NRW mehr „Talentschulen“ benötigt, ist Konsens. Dennoch trennen Union und Grüne Gräben. „Wir fördern das Lernen in Projekten und jenseits von Fachgrenzen, ermöglichen den Schulen Alternativen zum klassischen Notensystem und stärken eine Feedbackkultur auch durch die Schüler. Innovative Schulentwicklung wie in den ,Primusschulen‘ soll gesetzlich verankert werden“, sagen die Grünen. In Primusschulen lernen Kinder von der 1. bis zur 10. Klasse gemeinsam. Die CDU will am „gegliederten und bewährten Schulsystem“ festhalten. Bei der Inklusion setzt die CDU auf den Erhalt der Förderschulen, die Grünen auf gemeinsamen Unterricht.
Verkehr:
Die Grünen wollen eine „Mobilitätsgarantie“, damit jeder zwischen 5.30 Uhr und 22.30 Uhr mindestens im Stundentakt Bus und Bahn nutzen kann. Die Pro-Kopf-Investitionen in den ÖPNV würden verdoppelt, die Tickets deutlich billiger. Verlierer dieser Verkehrswende: die klassische Umgehungsstraße. „Der Neubau von Landstraßen soll zurückgefahren werden und nur noch in Ausnahmefällen erfolgen“, heißt es bei den Grünen. Die ländlich geprägte CDU sieht das völlig anders. Auch der Neu- und Ausbau von bereits geplanten Bundesstraßen und Autobahnen soll „stark reduziert“ werden, so die Grünen. Die Vorratsplanung von Straßen, auf die Wüst im Wahlkampf so stolz war, wäre damit Geschichte.
Gesundheit:
Bei der neuen Krankenhausplanung in NRW gingen die Grünen im Wahlkampf nicht so hart mit der CDU ins Gericht wie die SPD. Grüne und Union sind für eine wohnortnahe medizinische Versorgung. Der Teufel steckt aber im Detail. Zum Beispiel ist die Einstellung der Grünen zu Cannabis nicht CDU-kompatibel: „Zurzeit erhalten Kinder und Jugendliche Cannabis einfach auf dem Schwarzmarkt. Und Erwachsene, die gelegentlich Cannabis konsumieren, werden bevormundet und kriminalisiert. Sobald bundesgesetzliche Änderungen dies zulassen, werden wir in NRW die kontrollierte Abgabe an volljährige KonsumentInnen zügig und aktiv begleiten.“
Sonstiges:
Die Grünen wollen die verkaufsoffenen Sonntage wieder einschränken und das Ladenöffnungsgesetz kippen. In der Wissenschaft soll es mehr „Genderforschung“ geben. Den klammen Kommunen soll mit einem Altschuldenfonds geholfen werden, gegen den sich die CDU lange sperrte. Ein Paritätsgesetz soll die Aufstellung von mehr Frauen zur nächsten Landtagswahl fördern, was gerade die männlich dominierte CDU revolutionieren würde.