Düsseldorf. Wie will kann man die Wähler erreichen? Mit digitaler Werbung und „Gebärdenapplaus“ trotzen die Parteien in NRW den widrigen Umständen.

Die Sorge vor der Pandemie überschattet den beginnenden NRW-Wahlkampf. Nach der Bundestagswahl wird auch die NRW-Landtagswahl am 15. Mai eine unter erschwerten Bedingungen. Die Parteien rechnen wegen der unkalkulierbaren Risiken durch die Omikron-Virusvariante mit erheblichen Problemen. Sie können ihre Kampagnen derzeit kaum planen. Einige müssen sogar noch ihre Kandidaten-Liste wählen und wissen nicht, ob das digital oder in Präsenz möglich sein wird. Ein Überblick über den holprigen Start ins NRW-Wahljahr 2022.

Die Union hofft auf Parteitage in Präsenz

Man stelle sich vor, ein Parteitag soll die Wahlkämpfer auf den Wahlkampf einstimmen, aber die Delegierten sitzen bloß daheim vorm Bildschirm. Kann von solchen „Treffen“ ein Aufbruchssignal ausgehen? Die CDU würde die Antwort auf diese Frage gern vermeiden und hofft auf eine „richtige“ Delegierten-Versammlung am 19. Februar und einen „richtigen“ Landesparteitag am 26. März. „Nach jetzigem Stand treffen wir uns in Präsenz“, sagte Wahlkampfleiter Thomas Breuer dieser Redaktion. Plan B, also die digitale Variante, liegt aber in der Schublade.

Eine Listenwahl in Präsenz sei „einfacher“, weil die Stimmen auf jeden Fall schriftlich abgegeben werden müssen, erklärt Breuer. Geschieht dies gleich in der Halle, erspart sich die Partei die nachträgliche Bestätigung einer Online-Wahl per Brief. „Nicht jammern“, sei die Devise bei der Union, betont Breuer. Die Pandemie verlange ja nicht nur den Parteien, sondern der Gesellschaft einiges ab.

Schwierige Frage: Was bewegt die Menschen im Mai?

Einen Wahlkampf unter erschwerten Bedingungen sieht auch die SPD auf sich zukommen, daher seien „kreative Lösungen“ gefragt, so ein Landespartei-Sprecher. Der klassische Haustür-Wahlkampf ist durch Corona in Gefahr, die Touren des Spitzenkandidaten Thomas Kutschaty durchs Land derzeit nur schwer planbar.

Erschwerend kommt dazu, dass die SPD und alle anderen Parteien kaum einschätzen können, welche Themen die Menschen im Mai wirklich bewegen. Immer noch hauptsächlich Corona? Oder doch schon wieder „normale“ Themen wie bezahlbares Wohnen und Staus. Das ist wichtig, weil die Plakate bald produziert werden müssen. Am 19. Februar will die SPD ihre Landesliste wählen und das Wahlprogramm beschließen – auf einem digitalen Parteitag.

Die "Kleinen" haben Listen schon gewählt

Grüne, FDP und AfD sind den beiden „Großen“ einen Schritt voraus: Sie haben ihre Listen-Kandidaten für die Landtagswahl längst gewählt. Die Grünen versammelten dafür Anfang Dezember 280 Delegierte und kämpften mit den Tücken eines digitalen Pateitags: Die wenigen Akteure in der Halle spendierten den Rednerinnen und Rednern nur „Gebärdenapplaus“ – ein fröhliches Winken -- weil das Klatschen einer so kleinen Gruppe geradezu jämmerlich gewirkt hätte. Aus dem Wahlkampf möchten die Grünen aber das Bestmögliche machen.

Grüne: "Unser Wahlkampf wird digitaler denn je"

„Dieser Wahlkampf wird ein besonderer werden. Vieles, was wir aus vergangenen Wahlkämpfen kannten, wird unter Pandemiebedingungen nur schwer zu realisieren sein. Auf diese Unwägbarkeiten sind wir vorbereitet“, sagte Grünen-Spitzenkandidatin Mona Neubaur. Ein Parteisprecher ergänzte: „Unser Wahlkampf wird digitaler denn je. Wir werden viele Digitalformate anbieten und befinden uns in den Planungen auch schon auf der Zielgeraden.“ Welche Möglichkeiten den Grünen in welchem Umfang neben dem Digitalen in den letzten Wochen vor der Wahl zur Verfügung stehen, sei indes nur schwer planbar.

Die Liberalen setzen auf unterschiedliche Wahlkampf-Formate

Mit möglichst vielen „unterschiedlichen Formaten“, digital und in Präsenz -- wollen die Liberalen in die Kampagne starten, erklärt NRW-FDP-Generalsekretär Johannes Vogel. Die Liste mit dem FDP-Landesvorsitzenden Joachim Stamp an der Spitze steht. Am 22. Januar möchte die FDP bei einem digitalen Landesparteitag ihr Wahlprogramm verabschieden. Es sei „unter umfassender Beteiligung der Mitglieder – überwiegend in digitalen Formaten – erarbeitet worden“, so ein Sprecher der Landes-FDP.

Die AfD muss einen Parteitag nachholen

Die AfD hat ebenfalls schon eine Kandidaten-Liste für die Landtagswahl, steht aber vor der Herausforderung, im Februar einen Landesparteitag mit Vorstandswahl nachzuholen. Der schon für Anfang Dezember geplante Parteitag wurde wieder abgesagt, weil die Halle in Schmallenberg nicht zur Verfügung stand.