Düsseldorf. Eine Taskforce geht gegen Kindesmissbrauch im Internet vor. In kurzer Zeit hat sie in Nordrhein-Westfalen tausende Beschuldigte ermittelt.
Im Kampf gegen Missbrauchsdarstellungen von Kindern und Jugendlichen im Internet hat eine bei der Staatsanwaltschaft Köln angesiedelte Taskforce in den zurückliegenden 15 Monaten mehr als 3800 Ermittlungsverfahren gegen mehr als 4100 Beschuldigte eingeleitet. Diese Bilanz stellte Justizminister Peter Biesenbach (CDU) am Mittwoch in Düsseldorf vor.
Die bei der Zentralstelle Cybercrime NRW (ZAC) angesiedelten acht Staatsanwälte um den Leiter Markus Hartmann werde nach der Erprobung von über einem Jahr als dauerhafte Einrichtung etabliert, sagte Biesenbach bei der Vorstellung einer ersten Bilanz. Ursprünglich war die Taskforce bis Ende 2021 befristet.
Biesenbach: Täter sind oft in Online-Foren für Kindesmissbrauch vernetzt
Die von den Generalstaatsanwaltschaften in Hamm und Düsseldorf vier abgeordneten Staatsanwälte werden in reguläre Planstellen umgewandelt, kündigte der Justizminister an. Biesenbach bezeichnete die Arbeit als großen Erfolg. Zusammen mit dem Landeskriminalamt sei es gelungen, eine Infrastruktur aufzubauen, die das digitale Umfeld von meist aus den USA kommenden Hinweisen zum sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen und dem Tausch von Dateien zeigen.
Nach den Missbrauchskomplexen Lügde, Münster und Bergisch Gladbach hatte Biesenbach die Taskforce zum 1. Juli 2020 eingesetzt. „Damit ist es gelungen, Täter aus der Anonymität des Netzes zu ziehen und vor Gericht zu stellen“, sagte der Justizminister. Bis vor einem Jahr seien die Fälle oft nur einzeln betrachtet worden. „Dann kam die ZAC auf die Idee, sich für das gesamte digitale Umfeld zu interessieren. Da hat sich schnell gezeigt, dass wir es nicht nur mit Einzeltätern, sondern mit einem vernetzten Onlinegeflecht zu tun haben. Mit Sympathisanten und Mittätern“, sagte Biesenbach. „Das ist ein großes gesellschaftliches Problem.“
Großteil der Hinweise zu sexuellem Missbrauch in NRW kommt aus den USA
Hartman und sein Team seien auf Foren mit zum Teil sechsstelligen Nutzerzahlen gestoßen. Wobei Hartmann betont, dass die ZAC nicht die bessere Staatsanwaltschaft sei. „Wir ergänzen die Kompetenz von vor Ort. Hinweise zu unbekannten Tatverdächtigen kommen von den Behörden im Land. Wir versuchen dann, die Tatverdächtigen zu identifizieren und leiten das Ergebnis zurück“, erklärt der Oberstaatsanwalt. Die ZAC könne sowieso nicht bei allen Hinweisen, die zum großen Teil über das BKA und das Landeskriminalamt kommen, ermitteln. Die Gruppe müsse priorisieren und zum Beispiel auf Eilbedürftigkeit prüfen. Rund 70 Prozent der Hinweise kommen dabei aus den USA.
In vielen Fällen hätten die Ermittler nur eine Woche Zeit, die gemeldeten digitalen Spuren mit Hilfe der Provider den Tatverdächtigen zuzuordnen. Nach aktuellem Recht sind die Unternehmen verpflichtet, die Daten für zehn Wochen zu speichern. Biesenbach wiederholte die Forderung nach besseren gesetzlichen Rahmenbedingungen. „Es ist zwingend erforderlich, dass Strafverfolgungsbehörden IP-Adressen zurückverfolgen können. Geht das nur wenige Tage, ist das kaum möglich. Dann sind die digitalen Spuren erkaltet“, sagte der Justizminister.
Künstliche Intelligenz soll im Kampf gegen Kindesmissbrauch eine wichtige Rolle spielen
Wenn es darum gehe, das Leid missbrauchter Kinder zu beenden, dann müssten die Behörden die Handlungsspielräume auch nutzen können. „Es wäre aus unserer Sicht wichtig, die Daten etwas länger aufzubewahren“, fordert Biesenbach. Er betont, dass es dabei nicht um die umfassende Vorratsdatenspeicherung gehe. Die ist aus Datenschutzgründen politisch umstritten.
Der Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) bei der Arbeit der ZAC, die Biesenbach im August 2019 angekündigt hatte, läuft nach seinen Angaben bereits als Prototyp. Damit jetzt auch die Staatsanwaltschaften im Land damit arbeiten könnten, laufe derzeit ein europaweites Ausschreibeverfahren. (dpa)