Essen. Die Länder haben sich darauf geeinigt, Ungeimpften im Quarantänefall keinen Verdienstausfall mehr zu zahlen - für Beamte gilt das nicht.
Die neuen Regeln zum Verdienstausfall bei einer angeordneten Corona-Quarantäne könnten zu einer Spaltung der Belegschaften im öffentlichen Dienst führen. Davor haben Gewerkschaften gewarnt. Der Grund: Beamte und Angestellte werden unterschiedlich behandelt.
Während ungeimpfte Angestellte im Quarantänefall keine Entschädigung für den Verdienstausfall mehr erhalten werden, gilt diese Gesetzesänderung nicht für Beamte und Beamtinnen – sie müssen nicht grundsätzlich finanziellen Einbußen befürchten. „Das ist eine Ungleichbehandlung, die den Betriebsfrieden in Rathäusern oder Schulen ganz erheblich stören kann“, sagte Roland Staude, Chef des Beamtenbundes NRW, zur WAZ. „Wir erwarten vom Gesetzgeber, das zu verhindern und Angestellte wie Beamte gleich zu behandeln.“
Nicht positionieren wollte sich Staude bei der Frage, ob ungeimpfte Beamte und Beamtinnen im Quarantänefall ebenfalls auf Geld verzichten sollten. „Das ist eine politische Entscheidung. Wichtig ist, dass eine Gleichbehandlung gesichert ist.“ Der DBB NRW vertritt rund 200.000 angestellte und verbeamteten Mitglieder in der öffentlichen Verwaltung.
Eingriffe in die Alimentation von Beamten und Beamtinnen hat hohe Hürden
Bund und Länder hatten sich am Mittwoch darauf verständigt, ungeimpften Berufstätige spätestens ab 1. November keinen Verdienstausfall mehr zu zahlen, wenn sie aufgrund von Quarantänepflichten nicht arbeiten können. In NRW soll die Regel bereits zum 11. Oktober gelten. Die Lohnfortzahlung gilt aber weiterhin im Krankheitsfall.
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Bei Beamten und Beamtinnen trifft die Änderung nach Angaben der NRW-Ministerien für Gesundheit und Inneres nicht zu, da es sich bei ihrer Besoldung nicht um einen Verdienst, sondern um Alimentation handelt. Eingriffe in die Alimentation haben hohe rechtliche Hürden. Der Gesetzgeber müsse die Rechtsfolgen der Neuregelung abwägen, damit sie rechtlich belastbar und verfassungskonform ist, so DBB-Chef Staude.
Ministerien verweisen auf Treuepflicht und mögliche Sanktionen
In den NRW-Ministerien wird erwartet, dass ungeimpfte Beamte und Beamtinnen im Quarantänefall im Homeoffice arbeiten. Das NRW-Innenministerium verweist auf die besondere Treuepflicht zum Dienstherrn, die auch in der Quarantäne zur Erbringung der Arbeitsleistung verpflichte.
Druckmittel gibt es durchaus: Sind Homeoffice oder Urlaubstage nicht möglich, könne ein Verlust der Bezüge immer dann drohen, wenn ein Beamter sein Fernbleiben „schuldhaft“ durch risikoreiches Verhalten verursacht habe. Dazu könnten Reisen in ein Corona-Hochrisikogebiet ohne triftigen Grund zählen. Eine Nicht-Impfung alleine könne keine Pflichtverletzung darstellen, da keine Impfpflicht bestehe, sagte ein Sprecher des NRW-Innenministeriums.
Auch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft in NRW warnt vor Konflikten etwa an Schulen, wo verbeamteten und angestellten Fachkräfte Seite an Seite arbeiten. „Die Schulen sind ohnehin schon durch die Bewältigung der Pandemie am Limit“, mahnt Landeschefin Ayla Çelik. Sie verweist zugleich aber darauf, dass 90 Prozent der Lehrkräfte und Fachkräfte im Erziehungsberuf geimpft seien. Das Schulministerium rechnet indes nicht mit Konfliktpotenzial, da nicht-erkrankte Lehrkräfte in Quarantäne „in eigener Verantwortung schulische Aufgaben übernehmen“.
Hinter vorgehaltener Hand warnen Betroffene bereits vor einer Neiddebatte. Derzeit gibt es keine generelle Impfpflicht. Ein Sonderfall sind Soldaten und Soldatinnen im Auslandseinsatz, die eine Covid-19-Impfung zu dulden haben.