Düsseldorf. Die Landesregierung leitet die Bewerbung nicht weiter und versenkt damit die Hoffnung von eilen des Reviers auf den Unesco-Titel.

Die umstrittene Bewerbung des Ruhrgebietes für den Titel Unesco-Weltkulturerbe hat offenbar keine Zukunft mehr. Die Landesregierung entschied in dieser Woche, den Antrag nicht an die Kultusministerkonferenz weiterzuleiten.

Sie verweist auf die nur „fragmentarische politische Unterstützung“ in der Region für das Projekt und auf das vernichtende Urteil einer Fachjury über die Bewerbung. Der Antrag müsse „tiefgreifend, systematisch und konzeptionell überarbeitet werden“, schrieben die Juroren im Juni. Der Korrekturbedarf sei so groß, dass die Zeit bis zur Abgabe der neuen Weltkulturerbe-Vorschläge im Oktober nicht reiche. Das dürfte „nicht leistbar“ sein, so die hochkarätigen Experten aus der Welterbe-Fachjury NRW.

Mehrere Rathauschefs wollen die Bewerbung nicht

Die NRW-Regierung teilt diese Einschätzung. Die vielen Mängel bei der Bewerbung seien kurzfristig nicht zu korrigieren, außerdem hätten sich unter anderen Bochum, Duisburg, Essen und Mülheim dagegen ausgesprochen. Essens OB Thomas Kufen (CDU) nannte die Bewerbung "rückwärtsgewandt". Der Bochumer Rathauschef Thomas Eiskirch (SPD) teilt diese Einschätzung.

Die Herner SPD-Bundestagsabgeordnete Michelle Müntefering, Staatsministerin im Auswärtigen Amt, sprach hingegen im Juni von einer „verpassten Chance für die Region“, sollte die Landesregierung der Jury-Empfehlung folgen.

Ruhr-SPD: "Absage ist an den Haaren herbeigezogen"

Die Ruhr-SPD kritisiert die Absage am Mittwoch scharf. Sie sei „an den Haaren herbeigezogen“, empörte sich Ruhr-SPD-Sprecher Frank Baranowski. Das Ruhrparlament sowie die große Mehrheit der Räte und Kreistage im Revier stünden ausdrücklich hinter der Bewerbung.

Baranowski schrieb in einer Mitteilung: "Erst baut die NRW-Landesregierung entgegen dem Vorgehen anderer Bundesländer bürokratische und zeitliche Hürden auf und wundert sich dann, wenn Zeitpläne eng werden." Die Begründung, „fragmentarische politische Unterstützung“ offenbare dazu noch ein "merkwürdiges Demokratieverständnis."

Baranowski: "Bin sprachlos"

Laut Ruhr-SPD habe eine deutliche Mehrheit im Ruhrparlament für die Bewerbung gestimmt. Außerdem hätten sich von 46 kommunalen Beschlüssen in Räten und Kreistagen 40 für die Bewerbung des Ruhrgebietes als Weltkulturerbe ausgesprochen. "Also über 86 % Zustimmung. Wie man dabei von ,fragmentarischer politischer Unterstützung' reden kann, macht regelrecht sprachlos", so Baranowski. Ergebnis sei, dass sich diese Landesregierung "wieder gegen die Interessen des Ruhrgebiet entschieden hat".

Frank Dudda (SPD) kritisiert Votum der Landesregierung

Frank Dudda (SPD), Vorsitzender der RVR-Verbandsversammlung und Oberbürgermeister von Herne, sprach am Donnerstag von einer "großen Enttäuschung" für die Bürgerinnen und Bürger im Ruhrgebiet. "Umso enttäuschender ist die Entscheidung vor dem Hintergrund, dass die direkt gewählte RVR-Verbandsversammlung, also das Ruhrparlament, mit großer Mehrheit den Weg für diese Bewerbung freigemacht hat. Damit hat das Ruhrparlament ein sehr starkes Signal für die Region gesetzt, das man in Düsseldorf aber nicht wahrnehmen wollte", ergänzte Dudda.

"Es wäre sehr schön gewesen, wenn wir der Welt als UNESCO-Weltkulturerbe hätten zeigen können, wie das Ruhrgebiet seinen beeindruckenden Transformationsprozess, dessen markanteste Punkte das Ende Steinkohleförderung und die Renaturierung der Emscher sind, gestaltet hat und weiter gestaltet“, meint der Rathauschef.

Den Beschluss des Ruhrparlamentes finden Sie hier.

Antragsteller der Bewerbung ist die Stiftung Industriedenkmalpflege und Geschichtskultur in Dortmund.

Protest auch von der Linkspartei

„Es ist hanebüchen, wenn die Landesregierung nun von einer nur ,fragmentarischen Unterstützung’ für die Bewerbung spricht, obwohl die Verbandsversammlung des RVR am 25. Juni ein klares Signal gegeben hat und die Bewerbung des Ruhrgebietes als ,Industrielle Kulturlandschaft Ruhrgebiet' mit deutlicher Mehrheit beschlossen hat,“ sagte Wolfgang Freye, Fraktionschef der Linken im Ruhrparlament, am Donnerstag.