Düsseldorf. Hat das Ruhrgebiet den Titel Unesco-Weltkulturerbe verdient? Eine Expertenjury hat große Zweifel, zumindest am eingereichten Antrag.

Die Ambitionen der Industrieregion Ruhrgebiet, sich mit dem Titel Unesco-Weltkulturerbe zu schmücken, haben am Donnerstag einen schweren Dämpfer erlitten. Eine vom NRW-Heimatministerium berufene Fachjury lässt kaum ein gutes Haar an dem Antrag der Stiftung Industriedenkmalpflege und Geschichtskultur.

Der Antrag müsse „tiefgreifend, systematisch und konzeptionell überarbeitet werden“, schreiben die Juroren. Der Korrekturbedarf sei so groß, dass die Zeit bis zur Abgabe der neuen Weltkulturerbe-Vorschläge im Oktober nicht reiche. Das dürfte „nicht leistbar“ sein, so die hochkarätigen Experten aus der Welterbe-Fachjury NRW.

Umstrittener Antrag: Wäre weniger mehr gewesen?

Das Ruhrgebiet sei zwar zweifellos eine „herausragende Industriekulturlandschaft“. Der Antrag schaffe es aber nicht, dazu ein „überzeugendes Narrativ“ zu finden. Einer der Kernpunkte der Fundamentalkritik: Den Antrag sei völlig überfrachtet mit einer „zu großen und nur bedingt schlüssigen Anzahl an unterschiedlichen Elementen“.

Die Juroren erinnern auch daran, dass Teile der Region gar keinen Unesco-Titel für das gesamte Ruhrgebiet wollen. Zum Beispiel gehen dazu in der Ruhrgebiets-CDU die Meinungen auseinander. Der frühere Bezirksvorsitzende Oliver Wittke sah in der Bewerbung eine „Riesenchance“. Der Chef der CDU im Ruhrparlament, Roland Mitschke, findet ihn „rückwärtsgewandt“.

Die Bochumer Stadtspitze um Oberbürgermeister Thomas Eiskirch (SPD) hält die Initiative gar für "folkroristisch".

Stiftung Industriedenkmalpflege kündigt Reaktion an

2014 war das Revier schon einmal mit einer Weltkulturerbe-Bewerbung gescheitert. Damals hatte ein Fachbeirat der Kultusministerkonferenz auf ähnliche Schwächen in der Bewerbung hingewiesen wie jetzt die Jury. Die Stiftung Industriedenkmalpflege will sich am Freitag zu den Vorwürfen äußern.

Durchaus noch Chancen, vom Land NRW für den Welterbe-Status vorgeschlagen zu werden, haben die Großbogenbrücken in Solingen und das Jüdisch-mittelalterliche Viertel Köln. Die Düsseldorfer Gasbeleuchtung haben indes laut der Jury kein Potenzial „zum Nachweis eines außergewöhnlichen universellen Wertes“.