Düsseldorf. Als NRW-Beauftragter soll Fritz Jaeckel die Fluthilfe in den Hochwassergebieten koordinieren. Er hat einschlägige Erfahrungen.

In Sachsen, sagte Fritz Jaeckel einmal in einem Interview, habe er gleich zweimal „im Feuer“ gestanden. Das klingt so gar nicht nach dem nüchtern-präzisen Vokabular eines Volljuristen. Zumal es ja in beiden Fällen nicht um Brände ging, sondern um Wasser. Sehr viel Wasser. Doch der 58-Jährige weiß aus eigener Anschauung, was Flutkatastrophen bedeuten, welches Leid sie bei den Betroffenen verursachen, wie sie für ganze Familien zu Schicksalsschläge werden. Das prägt die Wortwahl.

Große Hochwasserkatastrophen in Sachsen

Jaeckel hat die großen Hochwasserkatastrophen in Sachsen – die „Jahrhundertflut“ von 2002 und das Extrem-Hochwasser im Sommer 2013 – nicht nur miterlebt. Als Mitglied der sächsischen Landesregierung stand er an vorderster Front. Und er hat Eindrücke mitgenommen, die man nicht vergisst. Wie jetzt in NRW und Rheinland-Pfalz gab es auch an der Elbe damals Tote, auch im Freistaat ging es um Tausende Existenzen, die das Hochwasser vernichtet hatte. 2002 etwa taxierte man die Schäden allein in Dresden auf mehr als eine Milliarden Euro.

Die Folgen der Flut

In NRW wird sich Jaeckel nun wieder um die Folgen einer Flut kümmern. Diesmal geht es um eine Jahrtausendflut. Am Montag ernannte Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) den 58-Jährigen zum Beauftragten für den Wiederaufbau in den NRW-Hochwassergebieten. Angesiedelt ist der Posten beim Bau- und Kommunalministerium in Düsseldorf. Schon am Dienstag machte sich Jaeckel auf den Weg in die Landeshauptstadt, führte dort erste Gespräche.


Auf dem gebürtigen Flensburger ruhen nun viele Hoffnungen in den Katastrophengebieten und im ganzen Land. Und der ein oder andere wird sich die Frage stellen: Ist der Mann aus Münster der Richtige für diesen Job? Als Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Nord Westfalen trägt der Vater von drei Kindern zwar die Verantwortung für das Management der mit über 160.000 Mitgliedsunternehmen nach München, Berlin und Hamburg viertgrößten IHK Deutschlands, als Krisenmanager ist er in NRW gleichwohl ein unbeschriebenes Blatt.

2013 oberster Krisenmanager in Sachsen

Das könnte sich bald ändern. Denn Fritz Jaeckel hat bei seinem Wechsel von Sachsen nach NRW vor drei Jahren etwas mitgebracht, das für den Posten des IHK-Chefs unerheblich sein mag, für den Wiederaufbau in den Hochwassergebieten aber nun von unschätzbarer Bedeutung sein dürfte: einschlägige Erfahrung mit schlimmen Flutkatastrophen und ihren Folgen. Schon 2002 half er im sächsischen Innenministerium als Mitglied der Leitstelle bei der Bewältigung der Hochwasserfolgen mit. Elf Jahre später war der promovierte Jurist als Chef der sächsischen Staatskanzlei und Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten nach der Flut sogar der oberste Krisenmanager für den Wiederaufbau in Sachsen.

Beeindruckt von der Wucht der Ereignisse

Schon jetzt weiß Jaeckel, dass die aktuelle Herausforderung immens ist. Die Art der Verwüstungen sei ähnlich, aber die Wucht der Ereignisse in NRW nicht vergleichbar mit denen in Sachsen. „Eine andere Größenordnung“, sagt Jaeckel. Nach vorläufigen Schätzungen der Landesregierung belaufen sich die Schäden durch das Unwetter Mitte Juli allein in Nordrhein-Westfalen auf über 13 Milliarden Euro. Die Kosten für den Wiederaufbau sollen Bund und Länder laut dem Beschlussentwurf der Ministerpräsidentenkonferenz am Dienstag jeweils zur Hälfte tragen.

Bund und Länder wollen sich die Kosten teilen

Jaeckel will „so zügig wie möglich“ den Wiederaufbau organisieren. Zwei Kernaufgaben hat er im Blick. Zunächst müssten schnelle Entscheidung darüber her, wer wie viel Geld bekommt. Für die betroffenen Bürger will Jaeckel eine zentrale Anlaufstelle schaffen. „Es geht um einfache Strukturen.“ Die Mittelverteilung an die Hochwassergeschädigten müsse zudem rechtssicher sein. Jaeckel: „Es nützt nichts, wenn wir das Geld mit der Gießkanne verteilen und es nachher wieder zurückgefordert wird.“

Der zweite Punkt ist die aus seiner Sicht erheblich größere Herausforderung: der eigentliche Wiederaufbau der zerstörten Gebäude und der Infrastruktur. Dafür müsse es gelingen, Baufirmen aus ganz Deutschland und zusätzlich aus den NRW-Nachbarländern Belgien und Niederlanden in die Hochwassergebiete zu dirigieren. Jaeckel: „Wir brauchen eine regelrechte Kampagne, die für den Wiederaufbau bei uns wirbt.“ Auch auf die Mithilfe der NRW-Unternehmerschaft glaubt der IHK-Hauptgeschäftsführer bauen zu können. „Es liegt ja im Interesse der Wirtschaft, dass die Flutgebiete wieder funktionieren.“

Zeit bis Ende November

Bis Ende November gibt er sich Zeit. Bis dahin soll der Weg für den Wiederaufbau geebnet, sollen die Förderstrukturen für die Flutopfer gefestigt sein. Helfen, stützen, koordinieren – so umschreibt Fritz Jaeckel sein Anforderungsprofil für die kommenden Monate. Und verbreitet – juristisch formelfrei – Zuversicht: „Das kriegen wir hin.“

Keine Vergütung vom Land

Für seine bis Ende November dauernde Tätigkeit als Beauftragter für den Wiederaufbau der Hochwassergebiete erhält Fritz Jaeckel nach eigenen Aussagen keinerlei Vergütung vom Land. Mit dem Präsidium der IHK Nord Westfalen habe er sich darauf verständigt, die Tätigkeit als unentgeltlichen Dienst für das Land zu verstehen, sagte Jaeckel dieser Redaktion. Jaeckel ist CDU-Mitglied, kennt NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) noch aus dessen Zeit als Europaabgeordneter. In Sachsen galt er als Vertrauter des damaligen Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich (CDU).