Essen. Am 8. Februar starten die Impfzentren in NRW. Ärzte im Ruhrgebiet berichten von Impfwilligen, die vorschnell an der Reihe sein wollen.

Einige besonders impfwillige Menschen in der Region versuchen offenbar die bundesweit geltende Impfreihenfolge zu umgehen. Ärzte, die mit der Leitung von Impfzentren betraut sind, berichten von zig persönlichen Anrufen, von Bedrohungen, aber auch bewegenden Hilferufen chronisch kranker Patienten. Sie erwarten, dass sich Menschen auch bei der zentralen Terminvergabe für die Impfzentrum vorgedrängelt haben.

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„Es ist alles dabei“, sagt Stephan von Lackum, ärztlicher Leiter des Impfzentrums Mülheim. „In zwei Fällen wurde ich so bedroht, dass ich den Krisenstab der Stadt informiert habe.“ Patienten weinten und bäten um eine schnellere Impfung. „Mich hat jemand auch schon gefragt, ob ich ihm nicht eine Impfung besorgen könnte, die er käuflich erwirbt.“

Es gebe viele Menschen, die in Sorge seien, aber auch jüngere ohne jede Vorerkrankung, die meinten, an der Reihe zu sein, so der Hausarzt.

Chaos bei der Terminvergabe führt zu Flut von Anfragen bei den Ärzten

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Ab dem 8. Februar sollen in NRW über 80-Jährige in den 53 zentralen Impfzentren des Landes gegen das Corona-Virus geimpft werden können. Sie gehören laut Bundes-Impfverordnung zur Gruppe mit der höchsten Priorität. Termine vergeben die beiden Kassenärztlichen Vereinigungen in NRW seit Montag zentral im Internet oder über eine Hotline.

Nicht zuletzt das anfängliche Chaos hat bei den Medizinern und in ihren Praxen selbst aber offenbar für eine Flut von Anfragen gesorgt. „Am Montag hatten wir 200 Mails im Postfach“, sagt von Lackum. „So etwas lähmt einen Praxisalltag.“

Nach dem Schlüssel fürs Impfzentrum gefragt

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Stefan Steinmetz, ärztlicher Leiter des Impfzentrums Essen, spricht von inzwischen Hunderten Anrufen, die ihn erreicht hätten. „Es gibt nette Nachfragen und solche, die alles andere als nett sind.“ Er sei auch schon nach dem Schlüssel fürs Impfzentrum gefragt worden, damit er jemanden außer der Reihe impft.

In Gelsenkirchen geht man indes davon aus, dass täglich Menschen mit Termin zum Impfzentrum kommen werden, die noch gar nicht impfberechtigt sind. Möglich ist das, weil an der Hotline und je nach Wohnort auch online bei der Terminvergabe das Geburtsdatum nicht abgefragt wurde.

Gelsenkirchen: Ein Prozent der Impftermine gab es ohne Berechtigung

„Wir gehen bei 1000 Impfterminen in der Woche von etwa zehn ohne Impfberechtigung aus“, sagt Klaus Rembrink, der die ärztliche Leitung des Gelsenkirchener Impfzentrums übernommen hat. In Dortmund wird sogar von einer Quote von fünf Prozent ausgegangen.

Rembrink unterstreicht: Geimpft würden ab 8. Februar nur Menschen ab 80 Jahren. „Wer jünger ist, wird nach Hause geschickt, auch wenn er einen Termin hat.“ Kontrolliert werde das Alter am Eingang des Impfzentrums etwa mithilfe des Personalausweises.

Kassenärztliche Vereinigung: Wer noch keine 80 Jahre alt ist, wird nicht geimpft

Die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe nennt Impf-Vordrängler bei der Terminvergabe „wenig mitbürgerfreundlich“. Denn es würden unnötig Termine blockiert. Eine Sprecherin appelliert: „Wir sind es unseren Mitbürgern schuldig, uns alle an die Vorgaben des Ministeriums zu halten.“

Der KV Westfalen-Lippe sind bislang nur einzelne Fälle gemeldet worden, in denen Impftermine an Menschen unter 80 Jahren vergeben wurden. Der KV Nordrhein ist kein Fall bekannt. Im Rheinland mussten Impfwillige bei der Online-Terminvergabe ihr Geburtsdatum eingeben, auch Callcenter-Mitarbeiter haben Geburtsdaten eingegeben, so ein Sprecher. Missbrauch sei aber möglich. Die Vorgehensweise ist im Rheinland die gleiche wie in Westfalen: „Wer gefakt hat, wird nicht geimpft.“