Düsseldorf. Solingen „remonstriert“, Pädagogen aus Herne ziehen nach, und die SPD trägt den Protest gegen die Corona-Schulpolitik in den NRW-Landtag.
Immer mehr verbeamtete Lehrer üben sich wegen der Corona-Gefahren offenbar in Ungehorsam gegenüber dem NRW-Schulministerium. Musterbriefe für so genannte „Remonstrationen“ kursieren derzeit in Herne und Umgebung. Eine Remonstration ist der Widerspruch eines Beamten gegen die Weisung eines Vorgesetzten. Rechtlich wollen sich Beamte so gegen die Folgen von Entscheidungen absichern, die sie für falsch halten. Die von Herner Lehrern entwickelten Musterbriefe sollen an die Schulleitungen und die Bezirksregierung geschickt werden.
„Schwerste Bedenken“ haben die Verfasser der Briefe unter anderem, weil NRW nicht den Empfehlungen des Robert-Koch-Institutes folgt, Klassen ab einem Inzidenzwert von 50 in einer Stadt oder einem Landkreis zu teilen. „Das ist ein Notruf der Kollegen“, sagte Behrend Heeren, Landesvorsitzender der Gemeinnützigen Gesellschaft Gesamtschule (GGG), dieser Redaktion. Es wisse zwar nicht, ob solche Briefe zum Erfolg führen können, würde es aber „als Signal empfehlen“, sie abzuschicken.
Herner Musterbrief für Remonstrationen: „Risiken bis zum Tod“
Die Verfasser des Musterbriefes argumentieren mit einer „unzulässigen Gesundheitsgefährdung“ durch die Vorgaben der Landesregierung „mit Risiken bis hin zum Tod“. Laut Maike Finnern, Landeschefin der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), ist dieser Lehrer-Protest derzeit noch auf den Raum Herne beschränkt. Doch der Unmut unter den Pädagogen ist auch andernorts groß.
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Einer, der wegen der Corona- und Quarantänefälle gegen den Willen der Landesregierung ein Wechselmodell zwischen Präsenz- und Distanzunterricht durchgesetzt hat, ist der Solinger Gesamtschulleiter Andreas Tempel. „Ich bin zwar Beamter, das bedeutet aber nicht, dass ich an der Garderobe meine Stimme abgebe“, sagte Tempel gegenüber dieser Redaktion. Eine Abmahnung aus Düsseldorf würde er sich „im Goldrahmen an die Wand hängen“, so der Rektor.
Solingen: Gymnasium nach Corona-Fällen geschlossen
„Remonstriert“ hatte schon in der vergangenen Woche die Stadt Solingen gegen das von der Landesregierung gegen diese Stadt verhängte Verbot der Teilung von Schulklassen. Oberbürgermeister Tim Kurzbach hatte den Protestbrief unterschrieben. Solingen gehört wie Herne zu den NRW-Städten mit einem besonders Besorgnis erregenden Infektionsgeschehen.
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So meldete die Stadt Solingen am Montag, dass ein Gymnasium am Mittag komplett geschlossen werden musste: In den Klassen 5 bis 7 waren sechs Schülerinnen und Schüler positiv auf das Coronavirus getestet worden. Infiziert sei auch ein Lehrer, der am 2. November an einem pädagogischen Tag mit dem gesamten Kollegium des Gymnasiums teilgenommen hatte. „Alle teilnehmenden Lehrerinnen und Lehrer müssen nun in Quarantäne, bis ein negatives Testergebnis vorliegt.“
Die von dem infizierten Lehrer unterrichteten rund 50 Schülerinnen und Schüler sowie sechs Kollegen, die beim pädagogischen Tag in seiner Arbeitsgruppe waren, müssen unabhängig vom Testergebnis für 14 Tage in häusliche Quarantäne. „Schon zuvor befanden sich 21 Lehrpersonen sowie 109 Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums in Quarantäne“, so die Stadtverwaltung.
NRW-Landtag beschäftigt sich mit “Solinger Modell“
Die SPD-Landtagsfraktion hat am Montag wegen der Solinger Remonstration einen Eilantrag für die Sitzung des Landtags in der kommenden Woche gestellt. Ziel: Die Landesregierung soll dazu gezwungen werden, das „Solinger Modell“ – ein Teil der Schüler lernt daheim, der andere Teil in der Schule – zu erlauben und zwar „für alle vergleichbar betroffenen Kommunen im Land“.