Essen. Corona belastet den Offenen Ganztag in NRW. Träger, Verdi und Schulleiter beklagen Personalnot und fordern Akut-Hilfen vom NRW-Schulministerium.
Einen Monat nach Schulstart zeigen sich in der Übermittagbetreuung von Grundschülern in NRW offenbar eklatante Probleme. Schulleiter, die Gewerkschaft Verdi und Träger kritisieren den Personalmangel im Offenen Ganztag (OGS). Die vorhandenen Mitarbeiter würden erheblich belastet, weil sie neben Betreuung und Bildungsangeboten auch Hygienestandards umsetzen müssten. Viele gingen dabei oft über ihre Grenzen hinaus.
Verdi-Gewerkschaftssekretär Serdar Boztemur spricht sogar von katastrophalen Zuständen vor Ort, weil jede OGS nach anderen Regeln arbeite. „Das ist schlimmer als im Wilden Westen“, meint der Gewerkschafter. „Es fehlen oft Hygienemittel und vor allem landesweite Mindeststandards zum Personalschlüssel, es gibt keine festen Vereinbarungen über Gruppen- und Raumgrößen.“ Es gebe Offene Ganztage, an denen eine Person zeitweise bis zu 60 Kinder betreue. „Dass all das überhaupt noch funktioniert, liegt an den Beschäftigten, die oft viel mehr tun als sie müssten.“
Freie Träger in NRW fordern Alltagshelfer für den Ganztag
Aus Sicht der Freien Wohlfahrtspflege NRW verschärft die Corona-Krise den seit Langem beklagten Personalmangel in der OGS massiv. Das Personal sei eh schon knapp und müsse nun Zusätzliches leisten, sagt OGS-Fachfrau Helga Siemens-Weibring. „Allein die Organisation des Mittagessens mit allen Maßnahmen des Infektionsschutzes bindet Kräfte im Schichtbetrieb bis in den Nachmittag hinein.“
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Nötig seien Alltagshelfer für solche Aufgaben. Ein entsprechendes Landes-Hilfsprogramm ist jüngst in den Kitas angelaufen, um Entlastung bei der Umsetzung der Corona-Regeln zu schaffen – Siemens-Weibring fordert das Schulministerium auf, dies auf den Ganztag auszuweiten. „OGS ist mehr als nur ein Betreuungsangebot“, unterstreicht sie. „Wir brauchen Unterstützung, damit wir uns wieder mehr auf den Bildungsaspekt konzentrieren können.“
Schulleiter in NRW stimmen der Kritik zu und wünschen sich ein Hilfspaket für die OGS
Auch Schulleiter sehen akuten Nachholbedarf. Sie fordern ein OGS-Hilfspaket. Zwar gebe es für die OGS Hygienekonzepte, betont Martina Reiske von der Schulleitervereinigung NRW. Doch es fehle an allen Ecken, diese umzusetzen. „Die Mitarbeiter tun, was sie können. Aber wir brauchen Hilfe.“ Nötig sei ein Budget für Hilfs- und Hygienematerial und Gelder für Personal.
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Im NRW-Schulministerium lobt Staatssekretär Mathias Richter den Einsatz der OGS-Kräfte. Dank ihres Engagements hätten auch die gewohnten Angebote an den Schulen wieder starten können. Das Ministerium führe aber Gespräche zur qualitativen Weiterentwicklung der OGS. Alltagshelfer seien nicht vorgesehen, heißt es weiter aus dem Ministerium.
Unterdessen versuchen Eltern, ihre Kinder aus Sorge vor Infektionen aus der OGS zu nehmen. Verträge mit den Städten als Schulträger sind unterjährig allerdings nur in Ausnahmen zu kündigen. Das Land NRW pocht auf eine möglichst regelmäßige Teilnahme an der OGS.