Düsseldorf. Bayern führt die Maskenpflicht im Unterricht ein, NRW schafft sie ab. Die Lage erlaube dies, versichert Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP).
Während Nordrhein-Westfalen ab dem 1. September die umstrittene Maskenpflicht im Unterricht an weiterführenden Schulen aussetzt, führt Bayern eine solche Maskenpflicht zu Beginn des neuen Schuljahres frisch ein. NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) konnte die Entscheidung der bayerischen Staatsregierung am Montag zwar „nachvollziehen“. NRW setze aber angesichts sinkender Infektionszahlen hierzulande jetzt auf Freiwilligkeit.
Warum verzichtet NRW auf die Maskenpflicht im Unterricht?
Laut Yvonne Gebauer hat der Start ins neue Schuljahr „gut funktioniert“. 99 Prozent der Schüler können – Stand 26. August – am Präsenzunterricht teilnehmen, so die Ministerin. Der Corona-bedingte Krankenstand bei den Lehrern liege aktuell bei 3,5 Prozent. Diese Pädagogen können nicht am Präsenzunterricht teilnehmen, aber möglicherweise andere Aufgaben übernehmen. Hinzu komme ein allgemeiner Krankenstand unter den Lehrern von 6,5 Prozent. Alles in allem scheinen die Risiken nach Einschätzung der Landesregierung derzeit überschaubar zu sein. An keiner einzigen Schule habe es ein „unkontrollierbares Ausbruchsgeschehen“ gegeben, keine Schule sei bisher zum „Corona-Hotspot“ geworden. Die Maskenpflicht sei daher im Moment „nicht mehr nötig“.
In ganz NRW gebe es derzeit 3765 mit dem Coronavirus Infizierte, berichtete NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU). Zum Vergleich: Ende April waren es mehr als 30.000. Die Maskenpflicht in Schulen gilt aber weiterhin auf den Fluren und auf dem Schulgelände.
Dürfen Schulen dennoch eine Maskenpflicht anordnen?
Nein, das dürfen sie nicht. Die Schutzmasken „waren gut, sind gut und werden gut bleiben“, sagte die Schulministerin. Dennoch dürfe jeder Schüler und jeder Lehrer über das Tragen eines „Mund-Nasen-Schutzes“ im Unterricht selbst entscheiden. Gebote zum Maskentragen seien möglich, aber niemand könne dazu gezwungen werden. „Schulleitungen können keine Maskenpflicht im Unterricht verhängen. Wir haben diese Pflicht gerade aufgehoben“, erklärte Gebauer.
Behörden in Wuppertal und im Kreis Heinsberg haben weiterführenden Schulen dennoch empfohlen, weiter auf Masken im Unterricht zu setzen. Einzelne Schulen im Ruhrgebiet wollen auch in den kommenden Wochen das Infektionsrisiko mit Masken senken, zum Beispiel die Gustav-Heinemann-Gesamtschule in Essen und das Freiherr-vom-Stein-Gymnasium in Oberhausen.
„Wenn ganze Schulen oder einzelne Kollegen sowie Schüler entscheiden, die Maske im Unterricht weiterhin tragen zu wollen, da ein Abstandhalten nicht möglich ist, sollte diese Entscheidung respektiert werden“, meinte Stefan Behlau, NRW-Vorsitzender des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE).
Was sagen Schulleiter zum Masken-Aus?
Die Rheinische und die Westfälisch-Lippische Direktorenvereinigung halten den Verzicht auf die Maskenpflicht im Unterricht an weiterführenden Schulen für „fahrlässig“. „Wir befürchten nun, dass nach Entfall der Maskenpflicht im Unterricht verstärkt wieder Schüler, aber insbesondere auch Lehrkräfte nicht mehr in die Schule kommen werden, sei es, weil sie selbst vulnerabel sind oder weil sie vulnerable Angehörige im gleichen Haushalt haben“ schreibt der Zusammenschluss der Gymnasial-Direktoren in einem Brief an NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU). „Vulnerabel“ bedeutet hier besonders infektionsgefährdet.
Viele Schulen seien, was die Vertretungskapazitäten angeht, „bereits jetzt an der Grenze der Leistungsfähigkeit“. Viele Schulleitungen im Ruhrgebiet sind weiter skeptisch, ob das Ende der Maskenpflicht vertretbar ist.
Wann muss ein Schüler oder eine Klasse in Quarantäne?
Laut den Empfehlungen des Robert-Koch-Institutes müsse jemand, der sich nachweislich mindestens 15 Minuten lang in engem Abstand zu einem Infizierten aufgehalten hat, für 14 Tage in Quarantäne, erklärte Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann. Der Bund prüfe aber einen NRW-Vorstoß, eine Möglichkeit für Schüler zu einer verkürzten Quarantäne zu schaffen, wie sie ab dem 15 September für Reiserückkehrer gilt. Ein negatives Testergebnis am 5. Tag nach dem Kontakt könnte dann den Abbruch der Quarantäne ermöglichen.
Laut Schulministerin Gebauer müssen die örtlichen Gesundheitsbehörden unverzüglich darüber informiert werden, wenn es einen Corona-Verdachtsfall oder einen bestätigten Fall an einer Schule gibt. Die Gesundheitsämter – nicht die Schulleitung – entscheiden dann anhand der Anwesenheitslisten, der Sitzpläne und weiterer Informationen über die Kontakte des Betroffenen darüber, ob eine oder mehrere Klassen oder nur ein einzelner Schüler in Quarantäne geschickt werden.