Essen. Nach dem Debakel um den Regionalplan ist der Spitzenjob im Regionalverband Ruhr noch immer nicht vergeben. Nicht nur die Corona-Krise ist schuld.
Der Streit um die Neubesetzung des für die Regionalplanung wichtigen Amtes des Planungsdezernenten im Regionalverband Ruhr (RVR) schwelt auch in der Corona-Krise weiter. Noch immer zeichnet sich im Kreis der schwarz-rot-grünen Mehrheitskoalition in der RVR-Verbandsversammlung nach WAZ-Informationen keine einvernehmliche Lösung darüber ab, wer Nachfolger des im November spektakulär abgewählten langjährigen Chefplaners Martin Tönnes werden soll.
Sitzungstermine abgeblasen
Der RVR hatte wegen der Corona-Kontaktbeschränkungen die übliche Reihenfolge politischer Gremienarbeit über den Haufen werfen und alle Sitzungstermine abblasen müssen. Das ursprüngliche Ziel, die Tönnes-Nachfolge möglichst bis Ende März zu regeln, wurde verfehlt.
Jetzt aber drängt die Zeit. Um die satzungsgemäße Sechs-Monats-Frist für die Neuwahl des Planungschefs noch einhalten zu können, wurde die turnusmäßig eigentlich auf den 26. Juni datierte RVR-Verbandsversammlung eilig auf den 15. Juni vorverlegt. Doch ob dort eine Entscheidung über die Besetzung des gut dotierten Postens fällt, steht in den Sternen. Denn politisch ist die Nachfolgefrage offenbar weiter ungeklärt.
Grüner Vorschlag liegt bereits vor
Dabei kursiert bereits ein Name. Die Grünen haben von ihrem im Koalitionspapier vereinbarten Vorschlagsrecht für den RVR-Spitzenjob bereits Gebrauch gemacht und wollen den unter anderem für Liegenschaften zuständigen Referatsleiter im RVR-Umweltdezernat, Stefan Kuczera ins Amt heben. Kuczera gilt intern zwar nicht als ausgewiesener Spezialist für das komplizierte Planungsrecht, hat sich aber dem Vernehmen nach im Kreis von gut einem Dutzend Bewerbern durchgesetzt. Im politischen Kalkül nicht von Nachteil dürfte überdies sein, dass Kuczera Mitglied im selben Grünen-Kreisverband Herne ist wie die grüne RVR-Fraktionschefin Sabine von der Beck.
CDU könnte mit gleicher Münze zurückzahlen
Einen Strich durch die Rechnung der Grünen könnte aber die CDU machen. Viele in der RVR-Unionsfraktion lasten dem Koalitionspartner an, dass die zuvor koalitionsintern verabredete Abwahl von Martin Tönnes im Dezember nur mit denkbar knappster Mehrheit in der Verbandsversammlung zustande kam. Die Abstimmung erfolgte zwar in geheimer Wahl, doch die Mehrheitsverhältnisse im Ruhrparlament legen den Schluss nah, dass ein Großteil der Grünen bei der Abwahl ihres Parteifreundes Tönnes nicht mitgezogen hat. Nicht auszuschließen also, dass die CDU als größter der drei Koalitionspartner es den Grünen bei der anstehenden Neuwahl mit gleicher Münze zurückzahlt und Kuczera durchfallen lässt.
Bleibt der Posten unbesetzt?
Am Ende könnte es sogar so weit kommen, dass der Posten gar nicht mehr besetzt wird. „Es gibt keinen Zwang, dass der RVR einen Planungsdezernenten haben muss“, heißt es aus einem Kreis eng mit der Sache vertrauter Personen. Die Verantwortung für die Regionalplanung liege ja derzeit ohnehin bei RVR-Direktorin Karola Geiß-Netthöfel und könne dort bleiben. Für diesen Fall dürfte die seit vielen Jahren reibungslos funktionierende schwarz-rot-grüne RVR-Koalition freilich sofort Geschichte sein.
Martin Tönnes, dem erhebliche Fehler im Umgang mit dem Regionalplan Ruhr angelastet werden, kann die Entscheidung im RVR inzwischen aus einiger Distanz betrachten. Der Ur-Dortmunder hat sich längst neue Ziele außerhalb des Ruhrgebiets gesteckt. Tönnes (60) will am 13. September erster grüner Bürgermeister in der CDU-Hochburg Ratingen werden.