Essen. 2020 sollte der neue Regionalplan für das Ruhrgebiet fertig sein, doch daraus wird nichts. Im Podcast erklären wir, warum – und was das bedeutet.
Acht Jahre lang hat der Regionalverband Ruhr (RVR) an einer neuen Regionalplanung gearbeitet, 2020 sollte sie endlich verabschiedet werden. Doch das verzögert sich nun – „um mehrere Jahre“. Die Kritik am RVR ebbt seitdem nicht ab, von „Behördenversagen erster Ordnung“ ist die Rede, von „Desaster“ und „Blamage“, von einem „politischen Offenbarungseid“. Was aber sind die Hintergründe des Scheiterns? Und was bedeutet das für das Ruhrgebiet?
Ein komplexes und auf den ersten Blick sperriges, aber für die Region ungemein wichtiges Thema beleuchten wir in der neuen Folge von nah&direkt. Zu Gast bei Moderatorin Brinja Bormann sind dafür der Politik- und Verwaltungswissenschaftler Prof. Dr. Jörg Bogumil von der Ruhr-Uni Bochum und WAZ-Politik-Redakteur Michael Kohlstadt.
Hier geht's zum Podcast
Von Hamm bis Wesel soll der Regionalplan in Grundzügen festlegen, wo im Ruhrgebiet eine Bebauung stattfinden, wo Gewerbe angesiedelt werden darf, auch wo Verkehrswege entstehen und Grünflächen erhalten werden müssen – kurzum: „Eine solche Rahmenplanung wird benötigt, um einen Großraum wie das Ruhrgebiet zu ordnen und zu sortieren“, wie Michael Kohlstadt gleich zu Beginn der Episode zusammenfasst.
Der letzte Regionalplan Ruhr stammt von 1966
„Normalerweise kann ein Regionalplan auch mal zehn Jahre alt sein, wenn sich in der Flächennutzung im Kern nichts ändert“, erklärt anschließend Jörg Bogumil. Im Ruhrgebiet aber habe es in den vergangenen Jahren zahlreiche Verschiebungen gegeben, viele davon bedingt durch den wirtschaftlichen Aufschwung und eine neue Flächennutzung. Nicht nur deshalb müsse für die Region dringend ein aktueller Plan her. Der letzte Plan dieser Art stammt aus dem Jahr 1966 – dieser lief 1975 aus.
An dem neuen Flächennutzungsplan habe es jedoch schon während seiner Ausarbeitung viel Kritik seitens Bürgerinitiativen und anderen Gruppierungen gegeben – bis zu 5000 Einwände, die nun zunächst einmal abgearbeitet werden müssen. Ein Großteil davon bezieht sich auf den Kiesabbau am Niederrhein. Verständnis für die massive Verzögerung haben unsere Gesprächspartner aber dennoch nur bedingt.
Die Kritik am RVR fällt auch im Podcast deutlich aus
„Überforderung“, „Selbstüberschätzung“, „katastrophaler Managementfehler“ – die Kritik am vorläufigen Scheitern fällt auch bei ihnen deutlich aus. Lag die Planung früher in den Händen der Bezirksregierungen Düsseldorf, Arnsberg und Münster, wurde sie 2009 – sozusagen als Sonderlösung fürs Ruhrgebiet – an den RVR übertragen. „Man wollte zeigen: Jahrzehnte haben wir um diese Aufgabe gekämpft, jetzt haben wir sie endlich und jetzt machen wir es besonders gut. Und da hat man übertrieben, da war man überehrgeizig, hat extrem hohe Anforderungen gestellt und extrem hohe Erwartungen geweckt“, erklärt sich Jörg Bogumil das Missmanagement des RVR.
Auch interessant
Einer der größten Nutzungskonflikte bei der Entwicklung des Plans bleibt indes jener zwischen wirtschaftlichen Interessen und dem Schutz der Umwelt. Denn: Einerseits braucht das Ruhrgebiet dringend neue Gewerbeflächen, andererseits ist die Region bereits so stark verdichtet, dass Freiflächen für den Klimaschutz eingehalten werden sollten. All diese Streitpunkte müssen im Regionalplan in Einklang gebracht werden. Dass dies nun deutlich länger dauert als gedacht, wirkt sich auch bremsend auf das Prestigeprojekt Radschnellweg Ruhr (RS1) aus, der auf 101 Kilometern Duisburg mit Hamm verbinden und bereits 2020 fertiggestellt sein sollte.
Vom nah&direkt-Podcast gibt es jeden Freitag eine neue Folge. Bei Apple, Spotify, Deezer und Audio Now kann man ihn kostenlos abonnieren oder ihn online auf nah-und-direkt.de im Stream anhören. Lesen Sie darüber hinaus hier, wie das Handwerk in NRW auf das Regionalplan-Debakel reagiert.