Essen. Die Masernimpfpflicht tritt am 1. März in Kraft und noch liegt vieles im Unklaren. Etwa, was mit ungeimpften Schülern passiert. Ein Überblick.
Die Städte in NRW sind kaum auf die am 1. März in Kraft tretende Masernimpfpflicht vorbereitet: Zwar sind für die Umsetzung des Gesetzes die Kindertagesstätten, Schulen und Gesundheitseinrichtungen selbst zuständig. Wie diese kontrolliert werden, ist jedoch den Städten selbst überlassen.
Zwar können die Träger der Einrichtungen mit Strafen belegt werden, wenn sie die Impfpflicht nicht konsequent durchsetzen. Die Städte müssen nun aber selbst regeln, wie sie die Einhaltung überhaupt überprüfen wollen: In Duisburg soll es ab August 2021 stichprobenartige Kontrollen des Gesundheitsamts geben, heißt es auf Anfrage. Dafür müsse mehr Personal eingestellt werden. In Essen gibt es noch kein Gesamtkonzept: Bislang sei vorgesehen, dass das Gesundheitsamt bei seinen routinemäßigen Hygienebegehungen das Masernschutzgesetz mit überprüft. Ähnlich will es auch Hagen handhaben.
NRW-Gesundheitsministerium stimmt sich noch mit Bund und Ländern ab
Wer vom Masernschutzgesetz betroffen ist
Von dem Gesetz betroffen sind alle Kinder ab vollendetem ersten Lebensjahr, die eine Tagespflege oder Kita besuchen sowie alle Schulkinder. Zudem müssen alle Menschen gegen Masern geimpft sein, die in Gemeinschaftseinrichtungen oder im Gesundheitswesen arbeiten und nach 1970 geboren wurden – also zum Beispiel Lehrer, Erzieher, Ärzte und Pfleger. Kinder ohne Masernschutzimpfung dürfen ab dem 1. März nicht mehr neu in einer Kita oder Kindertagespflege aufgenommen werden.
Auch Asylbewerber und Flüchtlinge müssen den Impfschutz spätestens vier Wochen nach der Aufnahme in einer Unterkunft nachweisen. Das Gesetz gilt ab 1. März für alle Neuaufnahmen und -einstellungen. Alle übrigen Kinder und Mitarbeiter müssen den Impf-Nachweis bis zum 31. Juli 2021 erbringen.
In Mülheim hingegen herrscht noch Ratlosigkeit, wie die Einrichtungen überprüft werden sollen. Dort hatte man sich – wie in vielen anderen Städten und Kommunen auch – mehr Klarheit von einer „Durchführungsverordnung“ des Landes erhofft. Doch einen solchen Leitfaden zum Umgang mit der Impfpflicht wird es nicht geben, stellte das NRW-Gesundheitsministerium am Mittwoch klar und verweist auf den Gesetzestext. Der aber lässt einiges im Unklaren: Etwa, ob Eltern ihre Schulkinder von der Masernimpfung durch Zahlung eines Bußgeldes „freikaufen“ können. Schließlich geht die Schulpflicht vor die Impfpflicht. Eine Antwort auf diese Frage gibt es bislang nicht.
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Zurzeit liefen intensive Abstimmungen mit dem Bundesgesundheitsministerium und den anderen Ländern, „wie das Gesetz in unterschiedlichen Einzelkonstellationen auszulegen ist“, heißt es. Dabei räumt das Ministerium ein, dass Kindertagespflegepersonen sowie die Leitungen von Kitas und Schulen mehr Unterstützung brauchen. Entsprechende Informationen und Unterlagen würden aktuell vorbereitet. Darüber hinaus sei die Durchsetzung des Gesetzes aber Sache der örtlichen Gesundheitsämter. Und die seien in den vergangenen Wochen gebrieft worden.
Kita-Zweckverband sieht „erheblichen Mehraufwand“
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Auf die Ämter dürfte viel Arbeit zukommen: Schließlich umfasst das neue Gesetz nicht nur Kitas und Schulen sondern auch sämtliche Gesundheitseinrichtungen vom Krankenhaus bis zur Heilpraktiker-Praxis. Laut Gesetz muss eine fehlende Masernschutzimpfung dem jeweiligen Gesundheitsamt gemeldet werden. Die Gesundheitsämter sollen dann auf die Impfe drängen. Hat das keinen Erfolg, können sie ein Bußgeld in Höhe von bis zu 2.500 Euro verhängen.
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Vor allem die Träger der Kitas fühlen sich allein gelassen: Denn wie sie die Masernimpfung kontrollieren und dokumentieren, bleibt ihnen überlassen. „Für uns als Träger bedeutet die Impfpflicht einen erheblichen Mehraufwand: auf Verwaltungsebene, besonders bei der Dokumentation in den Einrichtungen“, heißt es beim Kita-Zweckverband im Bistum Essen, der 267 Kitas in ganz Nordrhein-Westfalen betreibt.
Krankenhäuser regeln Überprüfung mit ihren Betriebsärzten
Vieles sei noch unklar, so Sprecherin Tanja Fischer: Etwa, was mit Mitarbeitern passiere, die nicht geimpft sind und sich nicht impfen lassen wollen. Oder ob auch Kontaktpersonen der Kitas geimpft sein müssen, wie zum Beispiel Pfarrer oder hauswirtschaftliches Personal. Außerdem sei nicht geregelt, wie die Impfe nachgewiesen werden muss: „Reicht es aus, dass wir den Impfausweis gesehen haben oder brauchen wir eine vom Arzt beglaubigte Kopie?“
Etwas gelassener sehen die Krankenhäuser der Impfpflicht entgegen. An der Essener Uniklinik beispielsweise erstellt der personalärztliche Dienst ein Zertifikat, das den Masernschutz belegt. Bis zum Ende der Übergangsfrist im kommenden Jahr werde der Impfschutz auch bei allen bestehenden Mitarbeitern überprüft, die nach 1970 geboren wurden. Viel zu tun haben wird der Personalarzt aber wohl nicht, prognostiziert Sprecher Thorsten Schabelon: „Die Impfquote in unserem Haus ist relativ hoch.“