Düsseldorf. In Südwestfalen sollen zwei 230 Meter hohe Anlagen errichtet werden. Anwohner laufen Sturm gegen die Pläne. Der Investor verteidigt das Projekt.

Ungefähr 23 Einfamilienhäuser übereinandergesetzt. In dieser Größenordnung bewegen sich zwei Windräder, die im Kreis Soest in Südwestfalen im kommenden Jahr errichtet werden sollen. Sie wären mit einer Höhe von knapp über 230 Metern, gemessen an der Rotorspitze, die ersten in dieser Größe in dieser Region. In der Nähe des Dorfes Müllingsen möchte der Betreiber mit diesen Kolossen vier bereits bestehende Windräder ersetzen. Diese messen „nur“ knapp 100 Meter.

Die Anwohner im direkten Umfeld stehen dem neuen Projekt zum größten Teil äußerst kritisch gegenüber. „Windräder dieser Dimension hat es bisher nicht gegeben. Wir rechnen mit einer starken Mehrbelastung durch Schlagschatten, Geräuschemissionen, Infraschall und das intensive Leuchtfeuer an der Spitze“, sagten Betroffene gegenüber der örtlichen Presse. „Das ist unzumutbar“, beschwerte sich ein Anwohner aus der Siedlung Vogelsang bei Bergede, der nach eigenen Angaben nur knapp 850 Meter vom nächsten Windrad entfernt wohnt. Diese Sorgen teilten viele andere Bewohner bei einer Infoveranstaltung zu den Planungen in der vergangenen Woche.

Laut Investor werde die Belastung nicht größer

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„Die Energiewende ist politisch gewollt und geht nicht ohne Beeinträchtigung einher“, sagt Michael Flocke dieser Redaktion. Er ist Geschäftsführer der Firma Windpark Müllingsen, dem Investor des Projekts. Flocke stellt klar, dass sich die Geräuschemissionen der geplanten Windräder gegenüber der jetzigen Situation sogar verringerten. Mit Schlagschatten müssten viele Anwohner rechnen. Allerdings nicht mit mehr als 30 Minuten täglich, so Flocke. Insgesamt werde die Belastung nicht größer.

Doch warum sind Windräder dieser Größe überhaupt erforderlich? Repowering, oder auch Kraftwerkserneuerung, ist dabei das Stichwort. „Die Nabenhöhe und damit die Gesamthöhe einer Windenergieanlage hat einen maßgeblichen Einfluss auf den Ertrag der Anlage, da die Windgeschwindigkeit mit steigender Höhe erheblich zunimmt“, heißt es dazu aus dem NRW-Wirtschaftsministerium. Eine Windenergieanlage mit einer Gesamthöhe von 230 Metern und einer Leistung von 4,2 Megawatt, wie bei den geplanten Anlagen in Soest, könne dabei durchaus das Mehrfache an Strom erzeugen wie ältere, kleine Anlagen mit oft weniger als 1 Megawatt Leistung.

Entscheidung fällt 2020

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Laut Michael Flocke sei der Austausch der Windräder in Soest sogar notwendig. „Zur Wahrheit gehört, dass man unter den Bedingungen des gültigen Erneuerbare-Energien-Gesetz, mit dem die Bundesregierung das Ziel verfolgt, die Kosten der Energiewende zu senken, nur mit großen, leistungsstarken Anlagen einen wirtschaftlichen Betrieb ermöglichen kann.“ Bei Anlagen mit einer Höhe von 100 Metern, also die bisher üblichen, sei daher ein wirtschaftlicher Betrieb ausgeschlossen.

Das letzte Wort über die Errichtung der riesigen Windräder ist noch nicht gesprochen. Einwände von Betroffenen können noch bis zum 18. Dezember beim Kreis Soest vorgebracht werden. Der lädt anschließend die Beschwerdeführer ein. Entschieden wird voraussichtlich im Frühjahr oder Sommer 2020 über eine Genehmigung.