Essen/Gladbeck. Uhu oder Rotmilan – nach Ansicht von Windkraft-Unternehmer Klaus Schulze Langenhorst wird Artenschutz instrumentalisiert, um Projekte zu stoppen.
Der Ausbau der Windenenergie in Deutschland scheitert vielerorts am Widerstand von Umweltschützern. „Wenn es um Bauvorhaben in der Nachbarschaft geht, bilden sich oft Bürgerinitiativen, die Projekte verhindern wollen“, sagt Klaus Schulze Langenhorst, Vorstandsmitglied des Landesverbands Erneuerbare Energien NRW und Inhaber des Gladbecker Unternehmens SL Naturenergie. Es sei „leider an der Tagesordnung“, dass Umweltschutzgruppen Windräder verhindern wollen.
Im Zuge von Genehmigungsverfahren müsse den Behörden nachgewiesen werden, ob bestimmte Tierarten in der Nähe potenzieller Windkraftstandorte vorkommen und wenn ja, wie sie sich verhalten, erklärt Schulze Langenhorst. Dieses erfordere teils mehrjährige aufwändige Untersuchungen. „Bürgerinitiativen schieben vielfach gerne das Thema Artenschutz – insbesondere der geschützten Vogelarten wie Uhu, Rotmilan, Schwarzstorch oder Seeadler – vor“, sagt er. Deren Schutzradius betrage meist über einen bis drei Kilometer. „Gutachten werden angezweifelt, Nachuntersuchungen gefordert.“ Auf Klägerseite steche dabei gerade der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) in NRW hervor.
Nabu will „naturverträglichen“ Ausbau der Windenergie
„Wir sind für den Ausbau von Windenergie, aber naturverträglich“, stellte Nabu-Sprecherin Kathrin Klinkusch klar. Wegen Verstößen gegen geltendes Naturschutzrecht habe der Nabu in den vergangenen Jahren 44 Klagen gegen den Ausbau der Windenergie geführt, teilte die Organisation Anfang Juli mit. Davon seien 20 Verfahren abgeschlossen, bei denen die Gerichte planungsrechtliche Fehler festgestellt hätten, 24 laufen den Angaben zufolge noch. Bei rund 9000 Genehmigungsanträgen in diesem Zeitraum seien es nur etwa 0,5 Prozent der Anträge, die vom Nabu beklagt wurden. Das zeige, dass der Nabu „keinesfalls das Haupthindernis beim Ausbau der Windenergie“ darstelle.
Aktuellen Erhebungen zufolge ist Ausbau der Windenergie an Land in Deutschland fast zum Erliegen gekommen. Im ersten Halbjahr 2019 habe es den niedrigsten Neubau seit dem Jahr 2000 gegeben, wie der Bundesverband Windenergie (BWE) vor wenigen Tagen mitteilte. Es seien nur 86 neue Windräder gebaut worden. Da auch alte abgerissen wurden, seien unter dem Strich nur 35 neue mit einer Leistung von 230 Megawatt hinzugekommen. Das entspreche rechnerisch der Leistung eines mittleren Kohlekraftwerks, wenn der Wind immer wehen würde.
Altmaier plant Krisentreffen mit Branchenvertretern
Wegen eines Genehmigungsstaus bei den Projekten rechnet der BWE für das Gesamtjahr noch höchstens mit 1500 Megawatt Zubau. Zum Vergleich: Zwischen 2014 und 2017 kamen durchschnittlich jedes Jahr 4600 Megawatt hinzu. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) plant nun ein Krisentreffen mit Branchenvertretern und Bürgerinitiativen nach der Sommerpause.
Schulze Langenhorst, der mit seinem Gladbecker Unternehmen 150 Windkraftanlagen in NRW betreibt und 35 Mitarbeiter beschäftigt, nennt eine Reihe von Gründen für den ins Stocken geratenen Ausbau der Windenergie. Eine Rolle spielen demnach unter anderem die Vorgaben für den Abstand von Windrädern zu sogenannten Drehfunkfeuern für die Luftfahrt und das Militär. „Aufgrund einer veralteten Technik und überhöhten Schutzradien mit 15 Kilometern steht Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern schlecht da, die zum Teil deutlich kleinere Radien fordern“, sagt Schulze Langenhorst. Gerade für das rheinische Braunkohlenrevier sei das ein Problem.
Militärische Gründe verhindern Windenergie-Ausbau
Auch das von Andreas Pinkwart (FDP) geführte NRW-Wirtschaftsministerium erklärt, militärische Gründe bei der Luftraumnutzung verhinderten, eine Vielzahl von Windenergie-Anlagen in NRW ans Netz zu bringen.
Schulze Langenhorst greift aber auch die NRW-Landesregierung an. Dass der neue Landesentwicklungsplan einen pauschalen Mindestabstand zu Wohngebieten von 1500 Metern und einen Ausschluss von Windrädern im Wald vorsehe, sei ein „Feldzug gegen die Windkraft“.
„Nationale Ziele brauchen lokale Akzeptanz“
Die RWE-Tochter Innogy verweist darauf, dass viele Windkraftanlagen in den kommenden Jahren erneuert werden müssen. Als einer der großen Entwickler und Betreiber wolle der Energiekonzern investieren, sagt Jens Edler-Krupp, der für Innogy das Geschäft mit Windkraftanlagen an Land leitet. Zugleich betont er: „Die Genehmigungsverfahren müssen verlässlich sein, um Klagen gegen Genehmigungen gar nicht erst zur Regel werden zu lassen.“ Eine Kernfrage sei, „wie hoch oder gering die Akzeptanz“ für die Windenergie vor Ort sei.
„Die Anwohner von Windparks und auch die Gemeinden müssen den Nutzen der Windräder zu spüren bekommen, denn sie haben ja auch eine Beeinträchtigung“, betont Schulze Langenhorst. Ansätze seien beispielsweise günstigere Stromtarife in der Nachbarschaft von Windparks oder Abgaben der Betreiber an die Gemeinde. „Nationale Ziele brauchen lokale Akzeptanz“, sagt auch Innogy-Manager Jens Edler-Krupp.