Bochum. . NRW-Schulministerin: In ausgewählten Schulen an Brennpunkten sollen Konzepte für mehr Chancengleichheit erprobt werden. Auch Kritik am Konzept.

Noch in diesem Jahr werde die Landesregierung 100 zusätzliche Lehrerstellen schaffen, um die 35 ausgewählten Talentschulen in NRW personell besser auszustatten. „Zudem denken wir darüber nach, einen schulscharfen Sozialindex zu erstellen“, sagte NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) bei der feierlichen Auftaktveranstaltung zum Schulversuch Talentschulen in Bochum.

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Mit diesem Sozialindex, den es bislang nur für Kreise und ganze Städte gibt, soll der Bedarf jeder einzelnen Schule ermittelt werden, um künftig vor allem in sozialen Brennpunkten eine bessere Ausstattung zu gewährleisten.

200 Fachleute feierten den Auftakt des Projekts

Rund 200 Pädagogen, Bildungsexperten sowie Vertreter der Kommunen waren nach Bochum gereist, um mit der Schulministerin den Start des Projekts zu feiern. Sie alle vertraten die 35 Gewinner des Wettbewerbs, die von einer Fachjury im Februar aus 146 Bewerberschulen ausgewählt wurden.

Mit den Talentschulen setzt das Land eine Vereinbarung aus dem Koalitionsvertrag um. Modellhaft soll erprobt werden, wie Kinder aus sozial benachteiligten Familien mehr Bildungschancen erhalten können. Die ersten 35 Schulen gehen zum kommenden Schuljahr an den Start, weitere 25 werden in einer zweiten Runde für das Schuljahr 2020/21 ausgewählt.

„Ein Schritt zu mehr Bildungsgerechtigkeit“

„Es ist ein Schritt zu mehr Bildungsgerechtigkeit für die Kinder und Jugendlichen in NRW“, sagte die Ministerin. „Wir wollen an den Talentschulen Maßnahmen erproben, mit denen allen Kindern eine erfolgreiche Schullaufbahn absolvieren können unabhängig vom Elternhaus und dem Stadtteil, in dem sie wohnen.“

Die Befürworter des sechsjährigen Schulversuchs waren in Bochum unter sich und begrüßten einhellig, dass das Land den Schulen insgesamt 400 zusätzliche Stellen und 150.000 Euro für Fortbildungen zur Verfügung stellen wird. Dadurch sollen mehr Fachstunden und diverse Förderprojekte ermöglicht werden.

GEW kritisiert „bildungspolitischen Irreweg“

Im Vorfeld wurde das Projekt von Verbänden und Gewerkschaften scharf kritisiert. Von einem „bildungspolitischen Irrweg“ sprach die GEW. Mit landesweit insgesamt 60 Talentschulen lasse sich die Abhängigkeit des Bildungserfolgs von sozialer Herkunft nicht auflösen.

Ähnlich argumentiert die Verband Bildung und Erziehung: „Die Förderung einzelner Schulen schafft keine Chancengleichheit“, so Landesvorsitzender Stefan Behlau. Der Bildungswissenschaftler Ewald Terhart, Vorsitzender der Jury, ging in Bochum auf die Kritik ein: Natürlich müsste man alle Schulen besser stellen, „aber wir fangen jetzt damit an“.