Herne. . Die NRW-Landesregierung prüft ein Kopftuchverbot für Mädchen unter 14 Jahren. Das sagen Herner Schulleiter zu dem Vorstoß von Schwarz-Gelb.

Kopftücher für Mädchen unter 14 Jahren könnten bald verboten sein. Die NRW-Landesregierung prüft derzeit ein entsprechendes Gesetz. Der Hintergrund: Mit dem Verbot sollen Mädchen geschützt werden, da sie in diesem Alter religiös unmündig seien und sie das Kopftuch in vorgefertigte Geschlechterrollen zwinge. Herner Schulleiter sehen das Thema differenzierter.

„Wir haben an unserer Schule gar nicht so viel mit dem Thema zu tun. Infolgedessen hat sich uns noch nie die Frage über ein Verbot gestellt“, sagt Egon Steinkamp, Schulleiter des Otto-Hahn-Gymnasiums. Seit es dort Seiteneinsteigerklassen gibt, seien es ein paar Mädchen mehr mit Kopftuch.

Rechtliche Situation eindeutig

Schulleiter Egon Steinkamp (Otto-Hahn-Gymnasium).
Schulleiter Egon Steinkamp (Otto-Hahn-Gymnasium). © Rainer Raffalski

Dies führe aber nicht zu Problemen. „Wenn uns auffällt, dass Schülerinnen plötzlich ein Kopftuch tragen, suchen wir meist das Gespräch“, erklärt er. Mit den Schülerinnen und den Eltern. Von den rund 1000 Schülern seien das vielleicht fünf Mädchen. „Die haben sich selbst dazu entschieden, teilweise sogar gegen den Willen der Eltern, und konnten ihre Entscheidung gut begründen.“ Das Thema generell zu problematisieren hält er für falsch. „Ich finde die Debatte der CSU aufgesetzt.“

Ähnlich sieht es auch Stephan Helfen, Schulleiter der Erich-Fried-Gesamtschule. „Die rechtliche Situation in NRW ist eindeutig: Sie dürfen in der Schule Kopftücher tragen, bei den Lehrern sieht das anders aus.“ Kopftücher gehörten an der Gesamtschule zum Alltag – und seien kein Problem. „Wenn so etwas von oben aufgezwungen wird, führt das nur zu Widerstand“, glaubt er. Man müsse auch akzeptieren, dass es andere Vorstellungen gebe.

Keine schlafenden Hunde wecken

„Mir wäre es lieber, wenn man gemeinsam darüber nachdenken würde – Eltern, Lehrer und Schüler an einem Tisch.“ Vielfalt habe einen besonderen Stellenwert, diese einzuschränken, sei extrem begründungsbedürftig.

Man solle keine schlafenden Hunde wecken, findet ein anderer Schulleiter, der sich nicht namentlich äußern möchte. An seiner Schule werde das Miteinander der Kulturen gefördert und Ausgrenzung vermieden. So habe die Schule für den Schwimmunterricht Burkinis angeschafft. „Wir sollten keine politischen Debatten auf dem Rücken der Schüler austragen.“ Man müsse sinnvoll diskutieren, auch im Rahmen des Unterrichts.

Manchmal sei ein Gesetz sinnvoll

„Ich kann nicht sagen, ob ich für ein Verbot oder dagegen bin“, sagt Nurten Özcelik (SPD), stellvertretende Vorsitzende des Integrationsrates. Das Ganze sei ein schwieriges Thema. „In meiner Kindheit habe ich gesehen, dass manche dazu gezwungen wurden, während andere das Kopftuch aus freien Stücken trugen.“ Man müsse die Diskussion differenziert führen und sich von der Vorstellung verabschieden, dass alle Kopftuchträger radikal seien. „Übergroße Toleranz führt allerdings auch nicht dazu, dass sich Menschen besser integrieren“, gibt Özcelik zu bedenken. Und: „Manchmal ist es sinnvoll, ein Gesetz zu machen. Das hat nichts mit einem Einschnitt in die Privatsphäre zu tun.“

Unter dem Hashtag „nichtohnemeinkopftuch“ werden in den sozialen Medien erbitterte Diskussionen geführt. Es brauche für junge Mädchen gute Vorbilder in Bund und Land. „Dazu muss man aber auch ganz klar sagen, dass die Deutschen sich erst einmal klar werden müssen, über ihre eigenen Wertvorstellungen“, sagt Özcelik.