Rom. In der katholischen Kirche gibt es vorerst keinerlei Öffnung für Homosexuelle und wiederverheiratete Geschiedene. Entsprechende Erwartungen, die der Zwischenbericht der im Vatikan tagenden Bischofssynode geweckt hatte, scheiterten bei der Schlussabstimmung an der erforderlichen Zweidrittelmehrheit.
Die Bischöfe wiederholten hergebrachte Lehrsätze, um angesichts teilweise enormer Meinungsunterschiede unter den Bischöfen die Gesprächsbasis für weitere Diskussionen nicht zu zerrütten. Eine abschließende Synode und Entscheidungen zum Thema "Familie" sind für Oktober 2015 geplant.
Der Münchner Kardinal Reinhard Marx sagte, das Dokument der Synode sei "kein Punkt, sondern ein Doppelpunkt". Er hätte sich "mehr Mut, mehr Aufbruchsszenario, mehr Frische gewünscht, gerade wenn man den Synodentext mit den Ansprachen von Papst Franziskus vergleicht", so Marx, der als Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz an der zweiwöchigen Tagung im Vatikan teilgenommen hatte. Er verglich die Synode mit der "Echternacher Springprozession – zwei Schritte vor, einen zurück". Wie Marx, so unterstreicht auch der deutsche Kurienkardinal Walter Kasper, die Tür sei "offen geblieben": "Die Position, dass alles schon entschieden und nichts zu diskutieren sei, ist erledigt. Mehr war nicht zu erwarten." Eine "offene Diskussion" könne "nun niemand mehr einfach abblocken", so Kasper.
Papst Franziskus schwieg während der Beratung
Papst Franziskus, der während der Beratungen geschwiegen hatte, um die von ihm selbst geforderte "volle Freiheit der Diskussion" nicht zu beeinflussen, schilderte in seinem Schlusswort die Positionen, die bei der Synode aufeinandergeprallt waren, in drastischer Weise. Da habe es, sagte Franziskus, die "Versuchung" zu "feindseliger Verhärtung" gegeben bei traditionalistischen Bischöfen, die sich unter Missachtung der menschlichen Realität hinter den Buchstaben der Lehre "eingeschlossen" hätten – aber auch die Versuchung zu einem "zerstörerischen Gutmenschentum bei Progressiven und Liberalen" die unter Vernachlässigung der kirchlichen Lehre den Menschen eine leichtfertige, "trügerische Barmherzigkeit" angedeihen lassen wollten.
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Das alles aber, so Franziskus, müsse "mit Ruhe und innerem Frieden" durchgestanden werden; "die Anwesenheit des Papstes" sei Garantie ebenso für die Redefreiheit wie für die Einheit der Kirche.
Aber was ist zwischen den kühnen Formulierungen des Zwischenberichts und dem Schlussdokument passiert? Die Familienberaterin Ute Eberl, die als "Auditorin" an der Synode teilgenommen hat, meint: Die Bischöfe hätten wohl "so etwas wie Angst vor der eigenen Courage bekommen".
Anders als die Zwischenbilanz der Synode, die selbst in gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften erstmals positive Elemente erkannt und die von "Geschenken und Qualitäten" gesprochen hat, mit denen Homosexuelle die Kirche bereichern könnten, hält das Schlussdokument nur neutral fest, die Bischöfe hätten "sich gefragt" wie man seelsorgerlich damit umgehen solle; Homosexuellen müsse in jedem Fall "mit Respekt und Taktgefühl" begegnet werden. Doch auch wenn die Synode gleich im Satz darauf die traditionelle Vorschrift wiederholt, "ungerechtfertigte" Diskriminierung von Homosexuellen sei zu unterlassen, fand dieser Paragraf nicht die nötige Zweidrittelmehrheit.
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"Schönheit" der Idealfamilie
Überhaupt fanden nur jene Abschnitte, in denen die Synode die "Schönheit" der katholischen Idealfamilie lobt, unter den am Ende 183 Synodenbischöfen praktisch ungeteilte Zustimmung. Demgegenüber stieg die Zahl der Gegenstimmen dort an, wo Reformschritte vorgeschlagen wurden. Das war beim zaghaften Zugehen auf nichteheliche Lebensgemeinschaften der Fall, am stärksten aber bei der Frage, ob wiederverheiratete Geschiedene künftig zu den Sakramenten zugelassen werden sollten. Der entsprechende Paragraf, der die Meinungsverschiedenheiten der Bischöfe benennt, aber auch die "eventuellen" Konditionen aufführt, unter denen eine Öffnung denkbar wäre, fand keine Zweidrittelmehrheit. Dennoch entschied der Papst, den Abschnitt im Schlussdokument zu belassen und – zum ersten Mal – alle Abstimmungsergebnisse zu veröffentlichen.
Die Bischofssynode endete gestern mit einer Messe auf dem Petersplatz, bei der auch Papst Paul VI. (1963-78) seliggesprochen wurde. Dessen Enzyklika "Humanae Vitae, mit dem kategorischen Verbot künstlicher Empfängnisverhütung, fand dabei keine Erwähnung.