Essen. Die Furcht vor einer Ausbreitung des Ebola-Virus' in Europa wächst. Die Bundesregierung hat einen Ebola-Beauftragten ins Krisengebiet geschickt, und die Bundeswehr bildet Freiwillige für den Einsatz im Kampf gegen Ebola aus. Die Gefahr, dass das Virus auf andere Länder übergreift, steigt täglich.

Die Zahl der Ebola-Erkrankten wächst rasant. Jeder Infizierte kann zahlreiche weitere Menschen anstecken. Wird der Kampf gegen das Virus nicht drastisch und schnell verstärkt, könnten pro Woche 10.000 neue Infektionen hinzukommen. Und die Gefahr, dass das tödliche Virus auf andere Länder übergreift, wächst täglich. Was wird gegen die Krise getan?

Am Wochenende reiste der Sonderbeauftragte der Bundesregierung nach Liberia. Walter Lindner soll die Hilfe vor Ort koordinieren. Er selbst spricht von einer „Mega-Aufgabe“. Lindner soll dabei helfen, die Infektionsketten zu unterbrechen, das schwache Gesundheitssystem zu stabilisieren, Hilfsnetzwerke einzurichten und die Verbreitung des Virus zu stoppen. Lindners Benennung gilt als Zeichen, dass sich die Bundesregierung nach langem Zögern im Ebola-Kampf engagieren will.

Bundeswehr-Freiwillige im Einsatz

Die Bundeswehr hat ihre Soldaten aufgerufen, sich freiwillig für einen Einsatz im Ebola-Gebiet in Westafrika zu melden. Nach der ersten Auswertung kommen 565 Personen infrage, die noch ärztlich untersucht werden müssen.

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Nach Angaben der Bundeswehr werden die Auserwählten fünf Tage lang auf einem Bundeswehr-Gelände in Hamburg auf ihren Einsatz vorbereitet. Jeder Helfer wird nach vier Wochen wieder ausgewechselt. Sollte sich ein Bundeswehrsoldat mit dem Ebola-Virus infizieren, könnte er im MedEvac-Airbus behandelt werden, der mit 20 Isolierzellen ausgestattet wird.

Erste Hilfsprojekte - Duisburger vor Ort

Als eines der ersten deutschen Teams war die Duisburger Hilfsorganisation ISAR Germany in Liberia. In den vergangenen Wochen errichteten sie in der Hauptstadt Monrovia zwei Isolierstationen für insgesamt 44 Patienten. Das Projekt schlug mit 580.000 Euro zu Buche, die überwiegend von der Else Kröner-Fresenius-Stiftung aufgebracht wurden.

Michael Lesmeister, Geschäftsführer und technischer Einsatzleiter von ISAR Germany, beklagt die geringe Spendenbereitschaft der Bevölkerung: „Das Spendenaufkommen ist verschwindend gering. Ich kann es mir nicht erklären“, sagte Lesmeister unserer Redaktion. Weitere Hilfseinsätze seien denkbar, doch dafür fehle das Geld. „Aus eigener Kraft können wir die Mittel nicht aufbringen.“

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Auch das Zentralinstitut für Soziale Fragen (DZI) beobachtet, dass sich die Hilfsorganisationen mit ihren Spenden-Appellen zurückhalten. „Es gibt zu viele Krisen und Ebola ist ein ganz schwieriges, schwer vermittelbares Thema“, erklärt das DZI. So wundert es nicht, dass die Caritas für die Ebola-Prävention bisher nur 11.000 Euro, für die Bedürftigen im Irak in diesem Jahr jedoch fünf Millionen Euro Spenden sammeln konnte.

Die Arbeit vor Ort

Nach Ansicht der deutschen Ärztin Sara Hommel, die drei Monate lang für den gemeinnützige Verein „Cap Anamur - Deutsche Not-Ärzte e.V“ in Sierra Leone arbeitete, ist die Lage vor Ort gefährlich. Es gebe zu wenig von allem. Die Isolierstationen seien überfüllt, die Ebola-Behandlungszentren ebenfalls.

Die Verteilung von Schutzanzügen verlaufe mangelhaft. „Häufig gibt es zu wenig Anzüge.“ Das Anlegen des Ganzkörperschutzes sei ein weiteres Problem. Dieses erfolge in 40 Schritten, die man in einem achtstündigen Seminar erlerne. „Wer die Reihenfolge nicht einhält und wer beim Ausziehen den Anzug mit der eigenen Haut berührt, begibt sich in Lebensgefahr“, sagt Sara Hommel.

Als größtes Problem bezeichnet die Ärztin den Personalmangel. Afrikanisches Personal werde immer rarer. Viele Ärzte und Schwestern hätten sich bereits infiziert und schreckten andere Kollegen von der Arbeit ab. Ärzte, die noch arbeiteten, seien bis zu 16 Stunden im Einsatz. „Da passieren Fehler.“

Obama wegen Ebola unter Druck - gegen Einreisebeschränkungen 

Nachdem sich zwei amerikanische Krankenschwestern mit Ebola infiziert haben, geraten die US-Gesundheitsbehörden und Präsident Barack Obama unter Druck. Bei einer Kongressanhörung wurde scharfe Kritik am Krisenmanagement laut. Obama versuchte zwar nach einem weiteren Treffen mit Experten die Wogen zu glätten. "Ich verstehe, dass sich die Leute Sorgen machen", räumte er am Donnerstagabend (Ortszeit) ein. Einreiseverbote für Menschen aus den Ebola-Krisenländern in Westafrika lehnte er aber zunächst ab. Es komme darauf an, die Krise an der Wurzel, also in Westafrika, zu bekämpfen.

Eine der infizierten US-Krankenschwestern, die einen inzwischen gestorbenen Ebola-Patienten in Dallas (Texas) behandelt hatte, wurde am Donnerstagabend in eine Spezialklinik in der Nähe Washingtons ausgeflogen. In den Staaten Ohio und Texas fiel an einigen Schulen vorsorglich der Unterricht aus. Krankenschwestern machten den Behörden im Fernsehen Vorwürfe, sie seien bei der Behandlung von Ebola-Kranken nicht genügend geschützt gewesen. Dennoch: Panik herrscht in den USA nicht.

US-Präsident Obama: Infektionsrisiko in den USA extrem gering

Obama meinte, er habe zwar keine grundsätzlichen Vorbehalte gegen Einreiseverbote. Eine solche Maßnahme sei aber weniger effektiv als die Tests an US-Flughäfen bei Reisenden aus den Ebola-Regionen in Westafrika. Einreiseverbote würden dagegen eher von Reisenden durch falsche Angaben unterlaufen, sagte Obama im Weißen Haus. Nach wie vor gelte, dass das Infektionsrisiko in den USA extrem gering sei. Möglicherweise werde er einen "Ebola-Zar" - also einen Top-Koordinator zur Bekämpfung der Seuche - ernennen, fügte Obama hinzu.

Führende Vertreter der Gesundheitsbehörden mussten bei einer Kongressanhörung scharfe Kritik einstecken - und versuchten sich zu rechtfertigen. Das lebensgefährliche Virus stelle selbst gut geschulte Experten in den USA vor Herausforderungen, meinten die Chefs der Seuchenbehörde CDC . Der Republikaner Tim Murphy sprach von der weltweit schlimmsten Ebola-Krise aller Zeiten. Fred Upton forderte wie mehrere seiner republikanischen Parteikollegen, Flüge aus den betroffenen Ländern zu verbieten. Der Chef des texanischen Krankenhauses, in dem der erste Patient außerhalb Afrikas behandelt worden war, entschuldigte sich während der Anhörung. Der Patient ist inzwischen gestorben.

Auch die EU-Gesundheitsminister kommen in die Kritik. "Durch früheres entschiedenes Handeln hätte die Epidemie eingegrenzt werden können", sagte Tankred Stöbe, Vorstandschef der deutschen Sektion der Organisation Ärzte ohne Grenzen der "Frankfurter Rundschau" (Freitag). Er kritisierte auch die Weltgesundheitsorganisation WHO. "Wir haben schon im März vor der Ausbreitung des Ebola-Virus gewarnt. Spätestens im Juni war die Epidemie außer Kontrolle. Aber selbst die WHO reagierte nur zögerlich." Die EU-Gesundheitsminister hatten am Donnerstag unter anderem über strengere Ausreisekontrollen in Westafrika beraten. (Mit Material von dpa)