Brüssel/Gelsenkirchen. Die deutsche Wirtschaft ächzt und klagt. Aber solange aus der löchrigen Gefechtspause in der Ost-Ukraine keine verlässliche Verständigung wird, bleibt die nächste Verschärfung der Sanktionen gegen Russland aktuell. Keine Sorgen muss sich vorerst Fußball-Bundesligist Schalke 04 wegen der Partnerschaft mit Gazprom machen.
Das Europa-Parlament stellt sich bereits auf eine weitere Runde ein. Auf seiner jüngsten Plenarsitzung in Straßburg forderten die Abgeordneten die EU auf „zu prüfen, ob Russland von der Zusammenarbeit im Bereich Kerntechnik oder aus dem SWIFT-System (Abwicklung von Finanztransaktionen) ausgeschlossen werden soll“. Der Chef des Außen-Ausschusses, Elmar Brok: „Wir haben den Eindruck, dass Russland weitere Regionen annektieren will, Wenn nötig, werden wir weitere Sanktionen verhängen.“
Auf Schalke müssen sie sich dennoch vorerst keine Sorgen machen: Sport-Sponsoring steht nach Darstellung Brüsseler Diplomaten derzeit nicht auf dem Menüzettel möglicher Druckmaßnahmen. Dass der russische Energieriese Gazprom umgekehrt seine Unterstützung als Werbepartner von Königsblau einstellt, sei ebenfalls unwahrscheinlich: An einem zusätzlichen Image-Schaden könne ihm nicht gelegen sein.
Gefährdet ist die Fußball-WM 2018 in Russland
Durchaus gefährdet ist hingegen die an Russland vergebene Fußball-WM 2018. Zu den Handlungsoptionen, die von der EU-Kommission für die Mitgliedstaaten ausgearbeitet worden waren, zählte ausdrücklich auch der Boykott großer Sport- Ereignisse. Zumal Wladimir Putin nicht nur gern seine persönliche Leibestüchtigkeit zur Schau stellt (Eishockey, Judo, Reiten), sondern auch den großen Auftritt vor der Sportwelt schätzt.
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„Ein WM-Boykott – das würde ihn sicher treffen“, vermutet ein EU-Diplomat. Die Mitgliedstaaten haben die Idee diskutiert, sind aber zum Schluss gekommen, dass ein solcher Schritt nicht von den Regierungen eingeleitet werden sollte, sondern Sache des Sports – also der Fußballverbände – sei.
Russische Banken werden vom Kapitalmarkt in der EU abgeschnitten
Konkrete Vorbereitungen für eine nächste Stufe der Sanktionen gibt es derzeit noch nicht. Die jüngste Runde war nach langem Hin und Her erst am 12. September in Kraft gesetzt worden: Russische Banken werden vom Kapitalmarkt in der EU abgeschnitten, Zulieferungen an die Öl- und Rüstungsindustrie werden verboten , weitere 24 Personen mit Reise- und Kontosperren belegt. Die Beschlussfassung sei am Ende „einvernehmlich“ gewesen, hieß es. Was nichts anderes besagt als: Die Sanktions-Gegner fügten sich schließlich dem Druck der Deutschen, Briten, Polen und Balten.
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Der Widerstand - etwa von Ungarn, der Slowakei, Tschechien, Bulgarien, Italien - wird teils politisch („kein Öl ins Feuer gießen!“), teils mit jeweiligen wirtschaftlichen Interessen begründet. Nun wollen die EU-Staaten Ende des Monats erst einmal überprüfen, wie die zuletzt verhängten Maßnahmen greifen. Die Wirtschaft hat dazu schon eine klare Meinung: Sie wirken – nur in die falsche Richtung.
Ein Fünftel der deutschen Exporte nach Russland könnte wegbrechen
Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) warnt, bis Jahresende könne ein Fünftel der deutschen Exporte nach Russland wegbrechen. Eckhard Cordes, Vorsitzender des Ostausschusses der Deutschen Wirtschaft, sieht vor allem eine Existenzbedrohung für kleine und mittlere Unternehmen, die ihr Russland-Geschäft nicht einfach auf andere Märkte verlagern können. „Ich halte es für einen Fehler, dass die EU ihr4 Sanktionen jetzt noch einmal verschärft hat.“