Washington/Berlin. Immer mehr Länder beteiligen sich an der Allianz gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS). Doch die Gruppierung hat laut US-Geheimdienst CIA einen starken Zulauf. Obamas Strategie gegen die Dschihadisten scheint umfassend zu sein - doch kommt die Offensive wirklich noch rechtzeitig?
Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) hat nach Angaben des US-Geheimdienstes CIA zwischen 20.000 und 31.500 Kämpfer im Irak und in Syrien. Das berichtete der US-Nachrichtensender CNN am Donnerstag unter Berufung auf einen CIA-Sprecher. Diese Gesamtzahl sei durch eine verstärkte Rekrutierung seit Juni gestiegen. Gründe für den stärkeren Zulauf seien unter anderem "Erfolge auf dem Schlachtfeld und die Ausrufung eines Kalifates". Zudem habe die Miliz zusätzliche Informationsquellen erschlossen.
Inzwischen formiert sich im Kampf gegen die Terrormiliz eine immer größere Allianz mit den USA. Zehn arabische Länder wollen sich an dem von Washington geschmiedeten Bündnis mit Europa beteiligen. Auch Australien sowie Kanada und weitere Nato-Mitglieder wollen die Allianz unterstützen. Trotz der angekündigten US-Militärschläge in Syrien und der geplanten Verstärkung gemäßigter Rebellen gilt der Schulterschluss mit Partnern in der Region als entscheidend, um die Miliz schrittweise zurückzudrängen. Die Islamisten kontrollieren weite Teile des Iraks und Syriens und massakrieren Andersgläubige.
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Zum Kampf gegen die Extremisten beitragen
In einer gemeinsamen Stellungnahme erklärten die zehn arabischen Länder nach einer Anti-Terror-Konferenz in der saudischen Hafenstadt Dschidda, sie seien übereingekommen, ihren Teil zum Kampf gegen die Extremisten beizutragen und die Militäraktion zu unterstützen. Das berichtete der arabische Nachrichtenkanal Al-Arabija am Donnerstag. Mit seiner Reise in die Region versucht US-Außenminister John Kerry, mehr Staaten für die Ziele der USA zu gewinnen. Zuvor hatte er in Dschidda gesagt, im Kampf gegen den Islamischen Staat (IS) komme den Arabern eine führende Rolle zu.
Zu den Ländern gehören neben Saudi-Arabien und dem Irak auch Bahrain, Ägypten, Jordanien, Kuwait, der Libanon, der Oman, Katar und die Vereinigten Arabischen Emirate. Sie sagten unter anderem zu, die Finanzströme der Extremisten und den Zulauf von ausländischen Kämpfern zu stoppen. Die Türkei, die ebenfalls an der Konferenz in Dschidda teilnahm, zählt nicht zu den Unterzeichnern der Erklärung. Aus Saudi-Arabien und Katar wurden die IS-Kämpfer zumindest in der Anfangszeit noch finanziert. Kerry sollte in die Türkei und dann nach Paris weiterreisen.
Hoffnung auf europäische Unterstützung
In Washington wächst unterdessen die Hoffnung, aus Europa auch Unterstützung bei den Luftangriffen zu bekommen. Großbritannien schließt eine solche Beteiligung in Syrien nicht aus. "Was Luftstreitkräfte und Ähnliches angeht, hat der Premierminister nichts ausgeschlossen", betonte ein Sprecher des Premierministers David Cameron. Auch Frankreich ist nach den Worten von Außenminister Laurent Fabius bereit, sich, "sofern notwendig", an Lufteinsätzen im Irak zu beteiligen.
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier schloss eine deutsche Beteiligung an Luftschlägen gegen die Terrormiliz dagegen aus. "Weder sind wir gefragt worden, das zu tun, noch werden wir das tun", sagte Steinmeier in Berlin. Der SPD-Politiker warb dafür, die militärischen Pläne in eine "politische Strategie" einzubetten. Er verwies auf deutsche Waffenlieferungen für die kurdischen Streitkräfte im Irak.
IS-Verbot in Deutschland geplant
Die Bundesregierung will den IS außerdem in Deutschland verbieten, wie mehrere Medien berichteten. Damit soll nach Informationen von WDR, NDR und "Süddeutscher Zeitung" auch das Verwenden von Symbolen wie der schwarzen IS-Flagge untersagt werden. Die Entscheidung werde möglicherweise bereits am Freitag vom Innenministerium bekanntgegeben.
Einen Tag nach Obamas Rede an die Nation zur Strategie im Anti-Terror-Kampf blieb unklar, wann die USA mit Luftangriffen in Syrien beginnen könnten. Schon im Irak habe Obama zwar allgemeine Kriterien festgelegt, aber nicht jeden der bisher mindestens 150 Angriffe persönlich abgezeichnet, sagte sein Sprecher Josh Earnest.
Die neuen Luftschläge seien auch nicht daran gebunden, vorher die gemäßigten syrischen Rebellen auszubilden, was Obama als zweiten Teil seiner Anti-IS-Strategie vorsieht. Er muss diesen Schritt erst vom Kongress genehmigen lassen, stößt dort teilweise aber auf Widerstand.
Kämpfer auch ein Risiko für China
Auch China will bei der Terrorismusbekämpfung stärker mit der Weltgemeinschaft kooperieren. Dabei müsse jedoch das Völkerrecht ebenso geachtet werden wie die Souveränität, Unabhängigkeit und territoriale Integrität der betroffenen Länder, sagte eine Sprecherin des Außenministeriums. Obamas Sprecher sagte, dass China kein Verbündeter der USA sei, die Länder aber in einer Reihe von Fragen kooperieren würden. Chinesische Terrorismusexperten sehen in islamistischen Kämpfern, die aus dem arabischen Raum zurückkehren, ein Sicherheitsrisiko auch für China, Russland und zentralasiatische Staaten.
Nach dem langem Zögern Obamas bedeutet die Ankündigung einen Kurswechsel. Der Präsident stimmte die Amerikaner auf einen langen Einsatz ein: "Es wird Zeit brauchen, einen Krebs wie IS zu beseitigen." Obama hatte stets betont, dass er den von seinem Vorgänger George W. Bush geerbten Krieg im Irak beendet habe und den Kampfeinsatz auch in Afghanistan beenden werde. Der nun angekündigte Kampf könnte sich bis in die Amtszeit von Obamas Nachfolger ziehen. Die Zahl der in den Irak beorderten US-Soldaten stieg auf über 1500.
Russland kritisierte die angekündigten Luftangriffe in Syrien scharf. Dies wäre ohne Genehmigung durch den Weltsicherheitsrat ein "Akt der Aggression", sagte Außenamtssprecher Alexander Lukaschewitsch. Syrien warf den USA fehlende Ernsthaftigkeit vor. Washington habe zwar einem Teil der terroristischen Gruppen den Krieg erklärt, wolle aber zugleich "einen anderen Teil" bewaffnen, schrieb die staatliche Nachrichtenagentur Sana. (dpa)