Wuppertal. Sie patrouillierten durch die Straßen von Wuppertal und warnten vor Alkohol und Musik. Nun hat sich die selbst ernannte “Scharia-Polizei“ zurückgezogen. Wohl auch, weil die Staatsanwaltschaft ermittelt. Zu den Verdächtigen gehört Sven Lau, ein führender Kopf der Salafisten-Szene.
Nach massivem Druck hat sich eine Gruppe von radikalen Islamisten mit ihrer selbst ernannten "Scharia-Polizei" aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. In Wuppertal waren vor einigen Tagen elf Salafisten in orangefarbenen Westen mit der Aufschrift "Shariah Police" durch die Straßen patrouilliert und hatten vor Alkohol, Glücksspiel, Musik, Konzerten, Pornografie und Drogen gewarnt. Gegen sie läuft ein Verfahren wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz. Seitdem sei keiner mehr in Erscheinung getreten, sagte ein Polizeisprecher am Montag. "Von denen läuft hier kein einziger mehr herum."
Unter den Verdächtigen ist laut Staatsanwaltschaft auch der Salafisten-Prediger Sven Lau. Er gilt als einer der führenden Köpfe der Szene. Nach derzeitiger Einschätzung trugen wohl nur acht der elf Männer die Westen, sagte Oberstaatsanwalt Wolf Baumert. Die Ermittlungen mit Blick auf das Versammlungsgesetz könnten sich möglicherweise auf diese acht Männern beschränken. Allerdings kämen noch andere Straftaten in Betracht, etwa Nötigung oder Beleidigung. Das werde noch geprüft. Mehrere Bürger kündigten zudem eine Strafanzeige an, nachdem sie Bilder von sich im Internet fanden, die die "Scharia-Polizei" eingestellt hatte.
Selbst Merkel musste sich einschalten
Dem nordrhein-westfälischen Innenministerium zufolge ist es bei der einen Provokation geblieben. "Die haben den Druck gespürt und fürchten jetzt die Konsequenzen", sagte ein Sprecher in Düsseldorf. NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) hatte am Samstag angeordnet, die Westen sofort sicherzustellen, sollten die radikalen Islamisten damit erneut auftauchen. Auch die Bundesregierung hatte klargestellt, dass der Staat ein solches Auftreten nicht hinnehmen werde. Der Zentralrat der Muslime hatte die Aktion in Wuppertal ebenfalls scharf verurteilt.
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Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte dem Sender SAT.1 , es sei richtig gewesen, dass Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) und NRW-Minister Jäger "sehr deutlich gemacht haben, es gibt ein Gewaltmonopol des Staats". Niemand sei befugt, "sich in die Rolle der Polizei hinein zu schleichen." Man müsse den Anfängen wehren.
Gefährdung der Gesellschaft?
NRW-Sozialminister Guntram Schneider (SPD) sprach von einer "ernsthaften Gefährdung des gesellschaftlichen Zusammenhalts". Es würden Ängste geschürt in der nicht-muslimischen und muslimischen Bevölkerung, dass fundamentalistische Vorstellungen, wie sie die Terrororganisation Islamischer Staat verfolge, "auch in Deutschland auf Sympathie stoßen", schrieb Schneider an den Sprecher des Koordinationsrats der Muslime, Ali Kizikaya. Schneider rief dazu auf, am Tag der offenen Moschee am 3. Oktober gemeinsam für religiöse Toleranz und gegen gewaltsamen Extremismus einzutreten.
Teile der wachsenden Salafisten-Szene sind extremistisch und demokratiefeindlich. Der Verfassungsschutz geht von rund 6000 Anhängern in Deutschland aus, davon 850 Anhängern im militanten Spektrum. Experten warnen, dass das Ziel der Rekrutierungsversuche vor allem junge Menschen sind, die sich leichter radikalisieren lassen. Salafisten legen die Scharia - das islamische Recht - extrem konservativ aus. (dpa/lnw)