Kiew/Tallinn. . Der voreiligen Waffenstillstandserklärung aus Kiew folgte umgehend ein Dementi aus Moskau. Dann ging Russlands Präsident Wladimir Putin in die Offensive: mit einem Sieben-Punkte-Plan für einen baldigen Frieden in der Ukraine. Im umkämpften Donbass selbst denkt kaum jemand ans Nachgeben.

Die Separatisten in der Ukraine sind seit Tagen im Vormarsch – am Mittwoch reagierte in Kiew Staatspräsident Petro Poroschenko und verkündete, er habe sich in einem Telefongespräch mit Kremlchef Wladimir Putin auf „das Regime einer Feuerpause geeinigt“. Weiter heißt es: „Es wurde Einverständnis über die Schritte erreicht, die für einen Friedensschluss nötig seien.“

Der russische Präsidentensprecher Peskow dementierte erst: Russland sei keine Konfliktpartei, könne also solche Vereinbarungen nicht treffen. Ein paar Stunden später aber überraschte Putin selbst mit einem Waffenstillstandsplan in sieben Punkten, darunter ein Ende der Rebellenoffensive, ein Abzug der schweren ukrainischen Artillerie, vollständigen Gefangenenaustausch und humanitäre Korridore für Flüchtlinge und Hilfstransporte. Ganz so, als diktiere Moskau die technische Gebrauchsanweisung zu Poroschenkos Waffenruhe.

„Telefonate schaffen keinen Frieden“

Im umkämpften Donbass selbst denkt kaum jemand ans Nachgeben. „Telefonate schaffen keinen Frieden“, räsoniert Jegor Firsow, Führer der Donezker UDAR-Partei. „Und es wäre ja nicht das erste Mal, dass Putin die Welt anlügt.“

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Auch jenseits der Front, in Donezk, herrscht sichtliche Unlust, vom Kriegs- auf den Verhandlungsmodus umzuschalten. „Kiew spielt irgendein Spiel. Die Entscheidung wurde ohne uns gefällt“, erklärte Rebellenführer Andrei Purgin. Und nach wie vor sei der Rückzug der ukrainischen Truppen aus dem Donbass die Vorbedingung für jede Waffenruhe. Mehrere Stadtbezirke lagen auch am Mittwoch wieder unter Artilleriebeschuss. Und ein junger Scharfschütze des Separatistenbataillons „Oplot“ räsoniert: „Wie viele nicht eingehaltene Waffenruhen haben wir schon erlebt! Auch diese dient nur dazu, neue Truppen heranzuführen.“

Obama schickt mehr Soldaten in die Krisenregion

Inmitten dieser Gemengelage hat US-Präsident Barack Obama den Nato-Partnern im Baltikum den unerschütterlichen Beistand der USA versprochen. „Er ist unzerbrechlich, er ist felsenfest und er ist ewig. Und Estland wird niemals allein dastehen“, sagte Obama am Mittwoch in der estnischen Hauptstadt Tallinn. Die ehemaligen Sowjetstaaten Estland, Lettland und Litauen sorgen sich, dass Russland nach der In tervention in der Ukraine nun auch ihre eigenen Landesgrenzen ins Visier nehmen könnte.

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Zugleich kündigte Obama die Entsendung weiterer Soldaten der amerikanischen Luftwaffe und Flugzeuge ins Baltikum an. Die Maschinen sollen zu Übungszwecken am estnischen Militärstützpunkt Ämari stationiert werden, sagte er nach einem Treffen mit Estlands Staatschef Toomas Hendrik Ilves. Zahlen nannte er nicht. Der Kongress in Washington muss dem Schritt allerdings noch zustimmen. Von den rund 600 Soldaten, die das Pentagon im April nach Polen und in die baltischen Länder beorderte, sind bereits 150 in Estland stationiert.

USA suchen den Schulterschluss

Schon bei seinem Besuch im vergangenen Juni in Warschau hatte Barack Obama den klaren Schulterschluss mit den östlichen Nato-Mitgliedern demonstriert. Er hatte bis zu eine Milliarde Dollar (etwa 761 Millionen Euro) zur Stärkung der militärischen Sicherheit in Ostmitteleuropa zugesagt, um befristet zusätzliche US-Truppen im einst kommunistischen Machtbereich Moskaus zu stationieren.