Dresden. Die CDU gewinnt die Landtagswahl in Sachsen. Aber sie braucht einen neuen Koalitionspartner: Die FDP schafft es nicht über die Fünf-Prozent-Hürde. Die AfD dagegen triumphiert — und Ministerpräsident Tillich kann sich zwischen SPD, Grünen und Eurokritikern entscheiden.
Nach der Landtagswahl in Sachsen muss sich Ministerpräsident Stanislaw Tillich einen neuen Koalitionspartner suchen. Zwar wurde seine CDU erneut mit weitem Abstand stärkste Partei. Die FDP erlebte aber ein weiteres Debakel und flog aus dem Landtag. Tillich hat nun rechnerisch die Wahl zwischen SPD, AfD und Grünen. Ein Bündnis mit der eurokritischen Alternative für Deutschland (AfD) schloss er am Wahlabend allerdings aus. In Dresden und Berlin beraten die Parteigremien an diesem Montag über den Wahlausgang und die Konsequenzen.
Die Linke wurde erneut zweistärkste Kraft, auch die Grünen schafften es wieder in den Landtag. Dagegen scheiterte die rechtsextreme NPD ganz knapp an der Fünf-Prozent-Hürde.
Als wahrscheinlichste Koalition gilt in Dresden nun ein Bündnis von CDU und SPD, was auch die große Koalition von Kanzlerin Angela Merkel stärken würde.
SPD gewinnt dazu, FDP stürzt ab
Die CDU kommt auf 39,4 Prozent (minus 0,8). Ihr bisheriger Partner FDP erreicht 3,8 Prozent (minus 6,2) - damit ist die letzte schwarz-gelbe Regierung auf Landesebene Geschichte. Die Linke liegt bei 18,9 Prozent (minus 1,7), die SPD bei 12,4 (plus 2) und die erstmals angetretene AfD bei 9,7 Prozent. Die Grünen erreichen 5,7 Prozent (minus 0,7), die NPD bekommt 4,95 Prozent (minus 0,7). Dies ergibt folgende Sitzverteilung: CDU 59, Linke 27, SPD 18, AfD 14 und Grüne 8. Die Wahlbeteiligung lag bei schlechten 49,2 Prozent.
Obwohl die CDU damit ihr schlechtestes Ergebnis bei Landtagswahlen in Sachsen erzielte, kann der im Mai 2008 ins Amt gekommene und im Land beliebte Tillich erneut die Regierung bilden. Vor allem die SPD mit Spitzenkandidat Martin Dulig hofft nun, Juniorpartner zu werden. CDU und SPD hatten Sachsen schon von 2004 bis 2009 zusammen regiert.
Eine Koalition aus CDU und AfD sieht Tillich nicht als Option an. "Wir werden uns einen Koalitionspartner suchen, mit dem wir auch gemeinsam für das Land etwas erreichen können. Und mit Sicherheit zählt dazu die AfD nicht", sagte er in der ARD. Der stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende Thomas Strobl betonte in der "Leipziger Volkszeitung" (Montag): "Die AfD passt nicht zum Exportland Deutschland und sie passt auch nicht zur Europapartei CDU." Die Zeichen in Sachsen stünden wieder auf große Koalition.
"Modernisierungsverlierer, die mit Welt nicht klar kommen."
Bundesinnenminister Thomas de Maizière analysierte beim Sender Phoenix: "Bei der AfD gibt es viele, die ich Modernisierungsverlierer nenne, die mit der modernen Welt nicht mehr klar kommen." Der Grünen-Vorsitzende Cem Özdemir warnte in der "Leipziger Volkszeitung" (Montag): "Die Union wäre nicht gut beraten, wenn sie sich in Richtung Rechtspopulismus öffnete. Das wäre das klare Signal an die Wähler, die AfD auch in den nächsten Bundestag zu wählen."
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Der Parteienforscher Hendrik Träger bescheinigte den großen Parteien mit Blick auf den AfD-Erfolg Defizite: "Da spielt vielleicht nicht nur Protest eine Rolle, sondern auch die strukturelle Schwäche der etablierten Parteien vor Ort. Das ist ein Vakuum, in das Protestparteien eindringen können", sagte er der dpa.
Eine Koalition aus CDU und SPD ist nach einer Analyse der Forschungsgruppe Wahlen die Konstellation, die die meisten Bürger in Sachsen bevorzugen. 55 Prozent fänden ein solches Bündnis gut. Ein Zusammengehen der CDU mit der AfD würden nur 17 Prozent begrüßen, eine Koalition aus CDU und Grünen immerhin 28 Prozent. (dpa)