Genf/Kunaitra. Das Leid und die Verzweiflung der Flüchtlinge in Syrien werden immer größer. Die Vereinten Nationen schlagen Alarm. UN-Blauhelmsoldaten sind auf den Golanhöhen eingekesselt - sie wollen sich verteidigen.
Mehr als drei Jahre nach Ausbruch des Bürgerkriegs in Syrien wird die Lage der Flüchtlinge immer dramatischer. Nach Angaben der Vereinten Nationen ist fast die Hälfte aller Syrer wegen der Gewalt auf der Flucht oder aus den Heimatorten vertrieben worden. Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR geht nach neuesten Zahlen von drei Millionen Flüchtlingen aus. 6,5 Millionen Menschen seien innerhalb Syriens auf der Suche nach Sicherheit.
Krise auf dem Golan
Keine Entwarnung gab es am Freitag für die auf den Golanhöhen im Süden des Landes eingekesselten philippinischen Blauhelme. Sie wollen sich gegen radikale Milizen verteidigen. Die Soldaten hätten sich geweigert, ihre Waffen abzugeben, erklärte ein Sprecher der philippinischen Armee am Freitag in Manila. Sie seien darauf vorbereitet, mit solchen Situationen umzugehen. Die Soldaten würden das Risiko auf sich nehmen, um die internationale Stabilität und den Frieden zu sichern.
Syrische Regimegegner hatten am Mittwoch in Kunaitra den Übergang zu den von Israel besetzten Golanhöhen von der syrischen Armee erobert. Die radikal-islamische Al-Nusra-Front kesselte dort am Donnerstag 81 philippinische Blauhelmsoldaten ein. Zudem brachte sie weitere 43 Mitglieder der UN-Beobachtermission in ihre Gewalt gebracht. Nach Angaben der Vereinten Nationen handelt es sich dabei um Soldaten von den Fidschi-Inseln. Die UN-Mission Undof beobachtet dort den Waffenstillstand zwischen Israel und Syrien.
Hubschrauber der syrischen Armee warfen über einem Ort in der Nähe von Kunaitra Fassbomben ab. Informationen über mögliche Opfer hätten zunächst nicht vorgelegen, teilte die syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte am Freitag mit. Nach der Niederlage in Kunaitra hatte die syrische Armee die Region bereits am Donnerstag angegriffen.
"Die bittere Wahrheit ist, es ist zu wenig"
Das UN-Flüchtlingshilfswerk teilte am Freitag in Genf mit, unter den entwurzelten Menschen seien ganz viele Kinder. "Die Krise in Syrien ist zum größten humanitären Notfall unserer Zeit geworden, aber die Welt versagt dabei, den Menschen und den Ländern, in die sie flüchten, zu helfen", sagte UN-Flüchtlingskommissar António Guterres.
Auch interessant
Selbst großzügige Angebote reichten nicht aus. "Die bittere Wahrheit ist, es ist zu wenig", sagte Guterres. Zu den bisher gespendeten 3,1 Milliarden Euro würden bis zum Jahresende noch einmal 1,5 Milliarden Euro gebraucht, um die Flüchtlinge über den Winter zu bringen.
Laut UNHCR passieren die Menschen die Grenzen immer öfter total erschöpft, im Schockzustand, völlig verängstigt und ohne Ersparnisse. Die meisten seien seit mindestens einem Jahr auf einer Odyssee von Dorf zu Dorf gewesen, bevor sie sich endgültig zur Flucht entschlossen. Die Flucht selbst werde immer schwieriger. Die Familien würden gezwungen, die Grenzposten zu bestechen oder Menschenschmuggler zu bezahlen.
Inzwischen lebten im Libanon 1,1 Millionen syrische Flüchtlinge, in der Türkei 815 000, in Jordanien 600 000. Dort explodierten in einigen Regionen die Lebensmittelpreise. So koste ein Brot mehr als zehnmal so viel wie vor einem Jahr, berichteten die UN weiter. Die Hilfsoperation sei inzwischen das größte Projekt in der 64-jährigen Geschichte des Flüchtlingshilfswerks. (dpa)